Die Seiten werden nicht mehr aktualisiert – hier finden Sie nur archivierte Beiträge.
Logo BBF ---
grün und orangener Balken 1   grün und orangener Balken 3

HBO Datenbank - Tagung

Tagungsthema: Call for papers: Modell Gotha. Wissenskulturen am protestantischen Hof um 1700
Weitere Informationen: http://www.uni-erfurt.de/forschungszentrum-gotha/
Durchführende Institution: Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt
Tagungsbeginn: 28. 10. 2010
Tagungsende: 30. 10. 2010
Tagungsort: Gotha
Veranstaltungsstätte: Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt, Schloss Friedenstein
Anprechpartner: Rieger, Miriam
E-mail des Anprechpartners: miriam.rieger@uni-erfurt.de
Tagungsankündigung:


Unter den Territorien des ernestinisch-mitteldeutschen Raums nahm das Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg in den Jahrzehnten um 1700 eine besondere Stellung ein. Die steigende politische Bedeutung des Gothaer Hofs unter Herzog Friedrich II. (1693-1732) ging einher mit einer bislang kaum gekannten Blüte der Gelehrsamkeit. So vergrößerte sich die Büchersammlung durch territorialen Zugewinn und die Übernahme von Privatbibliotheken, eine Aufsehen erregende Münzsammlung wurde erworben, und Schloss Friedenstein erlangte einen bis heute nachklingenden Ruf als frühes Reformationsforschungszentrum. Den politisch-dynastischen Hintergrund bildeten Erbfolgestreitigkeiten, aber auch das problematische Verhältnis zum Kaiser und die Bemühungen um den Vorsitz des Corpus evangelicorum; konfessionell stand der Gothaer Hof im Spannungsfeld zwischen Pietismus und lutherischer Orthodoxie. Die Verbindung von Hofgelehrsamkeit und Wissenschaft, höfischer Repräsentation und Traditionsbildung, protestantischer Prägung und politisch-dynastischer Vernetzung spiegelt sich nicht zuletzt in einer außerordentlich dichten Quellenüberlieferung wider, die noch heute auf Schloss Friedenstein in Archiv, Bibliothek und Museum aufbewahrt wird.

Auch wenn die Ausstrahlung und Attraktivität dieses höfischen Universums und das Zusammentreffen von Ideen, Gelehrten, Politikern und Geistlichkeit möglicherweise als prototypisch für die höfische Wissenskultur zwischen Barock und Aufklärung gelten können, existieren doch bis heute kaum Untersuchungen, die sich dieser Blütezeit des Gothaer Hofes angemessen gewidmet hätten. Zwischen der Regierungszeit Ernst des Frommen im 17. Jahrhundert und dem Aufstieg des Weimarer Nachbarherzogtums im Lauf des 18. Jahrhunderts klafft in der Forschung eine Lücke, die, wenn nicht zu schließen, so doch zu umreißen und zu vermessen eine Tagung anstrebt, die vom 28. bis 30. Oktober 2010 am Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt auf Schloss Friedenstein stattfindet.


Im Rahmen der Konferenz soll dem Spannungsfeld zwischen Wissenskulturen der Frühaufklärungszeit und höfischen Lebenswelten um 1700 nachgegangen werden. Ausgangspunkt ist der Gothaer Hof in der Regierungszeit Herzog Friedrichs II. (1693-1732) in seinem ernestinisch-mitteldeutschen Kontext sowie vor dem Hintergrund seiner internationalen Vernetzung. Ziel der Tagung ist einerseits, die Residenz- und Hofforschung um wissens- und ideengeschichtliche Perspektiven zu erweitern. Andererseits soll die Geschichte der Ideen und die frühneuzeitliche Wissenschaftsgeschichte der Geisteswissenschaften zwischen Barock und Aufklärung in die soziokulturellen und politisch-konfessionellen Strukturen und Rahmenbedingungen an einem protestantischen Hof eingeordnet und an diese rückgebunden werden.

In diesem Zusammenhang lassen sich Fragen thematisieren nach einer möglichen obrigkeitlichen Steuerung von Wissenschaft durch Herzog und Hof, nach einer `opportunistischen` Einbettung von gelehrter in politische Hofkommunikation, nach einer Kompensation territorialer Mindermächtigkeit durch kulturelle Aktivität und dynastische Traditionsbildung, nach den Auswirkungen territorialer Pluralität und Konkurrenz im mitteldeutschen Raum auf höfische Wissensproduktion und deren politische oder konfessionelle Instrumentalisierung, nach Aspekten von Kulturtransfer und Transformationen in der Wissenskultur.

Als mögliche Untersuchungsfelder bieten sich unter anderem an: Historiographie, dynastische Traditionsbildung, Theologie und Kirchengeschichtsschreibung, Numismatik, Philologie, Sammlungsstrategien und Realien, die Rolle des Hofes in Wissensvermittlung und Bildungsbestrebungen, wissenschaftliche Personalpolitik einschließlich prosopographischer bzw. personengeschichtlicher Fragen, Bildungsbeziehungen, etwa zwischen der Universität Jena, dem Gymnasium Ernestinum und dem Gothaer Hof, gelehrte Netzwerke zwischen Gotha, den ernestinischen Höfen und der europäischen Gelehrtenrepublik, Wechselwirkungen zwischen intellektuellem Austausch, Wissensgenese und territorialer Außenpolitik Sachsen-Gotha-Altenburgs, die Auswirkungen konfessioneller Konkurrenz bzw. innerprotestantischer Lagerbildung (“Orthodoxie“, “Pietismus“) auf höfische Wissenskulturen u.v.m.

Die Tagung möchte Spezialistinnen und Spezialisten zu den genannten Themen auf Schloss Friedenstein in Gotha versammeln und miteinander ins Gespräch bringen. Erwünscht sind daher forschungsorientierte Vorträge von ca. 25 Minuten, die ggf. auch über den Gothaer Hof hinaus weisende Perspektiven entwickeln.

Anreise und Übernachtung werden für die Vortragenden selbstverständlich übernommen. Wir bitten Sie um die Einsendung eines Abstracts von maximal einer Seite zu einem möglichen Vortrag sowie um eine Kurzbiographie zu Ihrer Person. Um Einsendungen bitten wir bis 15.Juli 2010 an miriam.rieger@uni-erfurt.de. Eine Benachrichtigung über die Aufnahme ins endgültige Programm erhalten Sie Anfang August 2010.

Schlagwörter: Bildungsgeschichte; Geistesgeschichte; Gelehrsamkeit; Wissenschaftsgeschichte; Hof; Lebenswelt; Kulturtransfer; Wissenstransfer
Erfassungsdatum: 22. 06. 2010
Korrekturdatum: 22. 06. 2010