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HBO Datenbank - Tagung

Tagungsthema: CfP: Fremdsprachen in der Adelserziehung der Frühen Neuzeit
Durchführende Institution: Herzog-August-Bibliothek (Wolfenbüttel); Matthias-Kramer-Gesellschaft zur Erforschung der Geschichte des Fremdsprachenerwerbs und der Mehrsprachigkeit
Tagungsbeginn: 28. 09. 2016
Tagungsende: 30. 09. 2016
Tagungsort: Wolfenbüttel
Veranstaltungsstätte: Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel
Anprechpartner: Häberlein; Mark; Otto-Friedrich-Universität Bamberg, D-96045 Bamberg
E-mail des Anprechpartners: mark.haeberlein@uni-bamberg.de
Tagungsankündigung:

Der europäische Adel wurde im Laufe der Frühen Neuzeit zu einem wesentlichen sozialen Träger von Kenntnissen moderner Fremdsprachen. Im Mittelalter war das Lateinische die dominierende transnationale Sprache in allen „höheren“ Funktionen (Kirche, Verwaltung, Diplomatie, Wissenschaft) gewesen. Das änderte sich zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, als einige Volkssprachen (vernaculae) für solche „höheren“ Funktionen ausgebaut und verwendbar gemacht wurden. Die Höfe wurden im Zeitalter der Renaissance und des Barock in ganz Europa mehrsprachig, der Erwerb „lebender“ Fremdsprachen wurde seit etwa 1500 – Castigliones Traktat über den „Hofmann“ erschien 1528 – obligatorischer Bestandteil der Erziehung in Adel, städtischem Patriziat und den Häusern von Fernhandelskaufleuten. Die Tagung wird sich auf den Adel konzentrieren. Dabei sind folgende Aspekte von besonderem Interesse:

1. Erziehungspläne

Im 16. Jahrhundert wurde das Fremdsprachenlernen Bestandteil der Adelserziehung. Es wurde zu einer der adeligen Tugenden, die von Jugendlichen im Laufe ihrer Erziehung zu erwerben waren. In Deutschland, England und den Niederlanden standen Kenntnisse des Lateinischen, Französischen und Italienischen im Mittelpunkt; in Nord- und Osteuropa sowie den nichtdeutschen Gebieten Mitteleuropas gehörten Deutschkenntnisse in den Erziehungsplan.

2. Sprachmeister und grand tour

Jugendliche Adlige waren neben Kaufmannssöhnen die wichtigste Schülergruppe der Sprachmeister, eines Berufsstands, der im 16. Jahrhundert aufkam und bis zur „Verstaatlichung“ des Unterrichts in den modernen Fremdsprachen im 19. Jahrhundert für die Vermittlung von Kenntnissen „moderner“ Sprachen zuständig war. Die Sprachmeister boten ihre Dienste entweder am Wohnort der Eleven an oder in Universitäts- oder Residenzstädten, in denen sich reisende Kavaliere auf ihrem grand tour eine Zeitlang aufhielten; der grand tour war im 17. und 18. Jahrhundert ein obligatorischer Bestandteil der Erziehung junger Adliger und Patrizier. Auch die (bürgerlichen) Hofmeister, die den grand tour organisierten und begleiteten, hatten häufig Sprachunterricht zu erteilen. Dem prekären Berufsstand der Sprachmeister widmete sich bereits eine Tagung im Juli 2014 (Publikation in Vorbereitung).

3. Soziale Domänen

Das Interesse an modernen Fremdsprachen wuchs in dem Maße, in dem sie soziale Funktionen übernahmen, die zuvor das Lateinische ausgeübt hatte. Dies betraf Verwaltung und Diplomatie, eine Reihe von Wissenschaften, die Künste und – als besonders wichtige Domäne – das Militär. Die vorwiegend aus dem Adel stammenden Stabsoffiziere mussten in den Jahrhunderten der Söldnerheere mehrsprachig sein; Kriegsschulen, Kadettenanstalten und Militärwaisenhäuser führten europaweit frühen Fremdsprachenerwerb ein. Dieser Thematik widmete sich eine Tagung im Sommer 2013 (Publikation bei Harrassowitz, Wiesbaden, Ende 2014). Sie soll im Rahmen der geplanten Wolfenbütteler Tagung weiter diskutiert und vertieft werden.

4. Mädchenbildung

Im Hochadel wurden seit dem Spätmittelalter auch Mädchen in Fremdsprachen unterrichtet, um sie auf das – oft in frühem Lebensalter festgelegte – Verheiratet-Werden in andere Sprachräume vorzubereiten. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts verbreitete sich die Praxis, Gouvernanten, „Hausfranzösinnen“ und Dienstpersonal anzustellen, die adligen Mädchen Französisch oder Italienisch, später auch Englisch, in Nord- und Osteuropa sowie den nichtdeutschen Gebieten Mitteleuropas vor allem Deutsch beibringen sollten. Dieser weibliche Fremdsprachenerwerb ist relativ schlecht dokumentiert. Er wird allerdings in den Lehrwerken mitunter direkt thematisiert.

5. Lehrwerke

Lehrwerke für „moderne“ Sprachen sind eine wichtige Quelle für das Studium des adligen Fremdsprachenerwerbs, denn sie enthalten häufig Lernstoff, der sich direkt an diese soziale Schicht wendet. Dies kann Sachkenntnisse betreffen, etwa den Kunsthandel und den Musikunterricht in Italien, oder die militärische Terminologie, aber auch soziale Kompetenzen, etwa das Beherrschen der Titulaturen und der Anredekonventionen oder die galante Konversation. Insbesondere Gesprächsbücher und Konversations-Leitfäden sind dafür eine ergiebige, bislang von der Forschung jedoch wenig genutzte Quellengattung.

Vorschläge für Beiträge bitte per Post oder E-Mail bis zum 6. Januar 2015 an:
Prof. Dr. Mark Häberlein, Lehrstuhl für Neuere Geschichte, Universität Bamberg, D 96045 Bamberg mark.haeberlein@uni-bamberg.de

Die eingehenden Vorschläge werden von den Veranstaltern gemeinsam geprüft.

Schlagwörter: Bildungsgeschichte; Tagung; Adelserziehung; Fremdsprachen
Erfassungsdatum: 13. 11. 2014
Korrekturdatum: 13. 11. 2014