Wenn es eine belgische Figur gibt, die in die Auswahl des universellen pädagogischen Erbes aufgenommen wurde, dann dürfte dies zweifelsohne Ovide Decroly (1871-1932) sein. 
In den traditionellen historisch-pädagogischen Übersichten wird der in Renaix/Ronse geborener Forscher in der Regel hochgelobt wegen seiner Pionierrolle auf dem Gebiet der Kinderpsychologie, der Heilpädagogik geistig Behinderter und von sozial deliquenten Jugendlichen, der Reformpädagogik und der Neuen-Schulbewegung - seine "éole pour la vie, par la vie" in Ukkel wurde ein wahrer pädagogischer "Pilergort" - seines Beitrags zur wissenschaftlichen Pädagogik, seines Testens und Messens (z.B. Verbesserung der Binet-Simon-Skala), seiner psychologischen "Theorie" der Globalisierung (eng mit der Gestaltpsychologie verwandt), die in dem Gedanken der Interessenzentren festgehalten wurde - des kleinen Paradepferds des so sehr gepriesenen belgischen Lehrplans für das untere Schulwesen aus dem Jahre 1936. 
Die minutiöse biographische Forschung - die uns vorschwebt - muß jedoch den Wissenschaftler in seinen sozialen Netzwerken schildern und deren Einfluß auf seine wissenschaftlichen Vorstellungen nachvollziehen. Ausgehend von einer Analyse der biographischen, sozial-historischen und wissenschaftshistorischen Kontexten im denen die wissenschaftliche Arbeit Decrolys durchgefürt wurde, wollen wir der Mythos der im Laufe der Geschichte um Ihm gewoben worden ist mit konkreter historischer Realitäten konfrontieren. 

Archives Decroly 
(Centre d`étude decrolyennes 
Avenue Montana 15 
B-1180 Bruxelles 

 Monographie 
 

Siehe M. Depaepe & F. Simon, "Mon ami, monsieur Decroly". Die Rolle der Biographie in der Geschichte der pädagogischen Wissenschaften, in: R. Golz, R. W. Keck, W. Mayrhofer (Hrsg.), Humanisierung der Bildung, Jahrbuch 1999 der IAHB (zur Presse).