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HBO Datenbank - Rezension

Rezensent(in): Marzi, Werner
Rezensiertes Werk: Giovanni Levi/Jean-Claude Schmitt (Hg.): Geschichte der Jugend. Frankfurt am Main: S. Fischer, 1996/1997. 2. Bände. - Bd.I. Von der Antike bis zum Absolutismus. - 431 S. ; Bd. II. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. - 505 S.
Erscheinungsjahr: 2000
zusätzl. Angaben zum Rezensenten:
Dr. Werner Marzi 
(marzi@mail.uni-mainz.de)
Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 
(http://www.igl.uni-mainz.de)

Text der Rezension:

 
Ist das Nomen "Jugend" nun den abstrakten oder den konkreten Substantiven zuzurechnen? Jugend im Sinne von Lebensalter, das "Jugendalter", ist gewiss abstrakt zu begreifen, während Jugend im Sinne von "junger Mensch" oder "Jugendlicher" auf eine konkrete Erscheinung verweist. Der Begriff ist also schillernd. Die parallelen französischen und italienischen Originalausgaben vermeiden zumindest im Titel diese Ambivalenz und verwenden das jeweilige konkrete Nomen: "Storia di Giovani" und "Histoire des jeunes". Damit bleibt jedoch die Sache selbst nicht weniger ambivalent. Die beiden renommierten Herausgeber dieses italienisch-französischen Gemeinschaftswerkes sind sich einig, dass es die Jugend oder die Jugendlichen als solche nicht gibt. So schreiben denn die 18 überwiegend italienischen und französischen Autoren auch die Geschichten unterschiedlicher Jugenden, wobei die in den jeweiligen Epochen, Gesellschaften und Kulturen dargestellte Jugend auch nicht die Jugend der jeweiligen Zeit insgesamt erfasst. Besonders der erste Band konzentriert sich weitgehend auf die männliche Jugend der Oberschicht. Ausnahmen bilden lediglich die Beiträge von Norbert Schindler und von Elliot Horowitz. Die Mädchen und jungen Frauen werden bis auf wenige Ausnahmen bestenfalls marginal und quotengemäß erwähnt. Zwar betonen die Herausgeber in der Einleitung, dass auch die geschlechtliche und soziale Differenzierung zu einer Geschichte der Jugend gehöre und dem gemäß auch dargestellt werde, die einzelnen Autoren sind allerdings nur bedingt dieser Vorgabe gefolgt. Dies mag vor allem an der Quellenlage liegen. Zweifelsohne ist diese an einer männlichen Oberschicht orientiert. Dass die vorhandenen und leichter zugänglichen Quellen zunächst einmal herangezogen werden, ist in einem Sammelwerk schon aus Gründen der Wissenschaftsökonomie geboten. Die meisten Autoren beziehen sich auf bereits veröffentlichte Quellen. Für die Einbeziehung weiterer, weniger begünstigter Gruppen müsste die Quellenbasis erweitert werden und das bisher bekannt gewordenen Material neu gelesen werden. Die wäre ein neues und umfangreiches Vorhaben. 
Vorab muss man den Herausgebern und den Autoren dafür danken, dass sie sich überhaupt dieser Thematik angenommen, neue Fragestellungen aufgeworfen und informative und anregende Synthesen erstellt haben. Wenn 18 Autoren sich eines schillernden Gegenstandes annehmen und wenn zudem die Herausgeber Methoden- und Gestaltungsfreiheit zusichern, dann fallen die einzelne Beiträge sowohl hinsichtlich der angewandten Methoden, der vermittelten Informationen und des Umfanges recht unterschiedlich aus. Und die Unterschiede sind erheblich. So denkt auf knapp 10 Seiten der italienische Kunsthistoriker Giovanni Romano in essayistischer Weise über "Jugendbilder in der Moderne" nach , während Luisa Passerini auf 85 Seiten die "Jugend als Metapher" in einer umfänglichen Untersuchung darstellt. 
Die einleitenden Überlegungen der Herausgeber zum Begriff der Jugend zeigen, dass nur eine grundsätzliche Konkordanz zwischen den Vorgaben und den einzelnen Beiträgen besteht. Offensichtlich haben die Herausgeber den Autoren kaum, zu wenig oder überhaupt nicht in ihre Synthesen "hineingeredet". Sie begründen dies mit der Offenheit der Methoden. Dennoch herrscht nicht nur Beliebigkeit. Eingehalten wurde, weil selbstverständlich - Jugend muss ja biotisch und soziokulturell irgendwie definiert werden - das Konzept der "Liminalität": der transistorische Zustand zwischen der Kindheit und dem Erwachsensein. Jugend hat demnach "ihren Platz zwischen den beweglichen Rändern der Abhängigkeit des Kindes und der Autonomie des Erwachsenen, in jener Phase - die nichts als Übergang ist". Diese Bestimmung könnte aus einem beliebigen Lehrbuch der modernen Jugendpsychologie, -soziologie oder -pädagogik stammen und enthält dennoch nur die halbe Wahrheit. Denn wo haben heute die Kinderarbeiter und Kindersoldaten und ihre Eltern, falls überhaupt vorhanden, angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen oder der ökonomischen Zwänge überhaupt eine Chance zur "Autonomie". Dies gilt für historische Gesellschaften wahrscheinlich ebenso wie für die benachteiligten Gruppen der heutigen Welt. Auch für privilegierte Jugendliche traditionaler und historischer Gesellschaften waren die Möglichkeiten zur Selbstbestimmung angesichts der Macht der Alten doch oft recht gering. Ausdrücklich lehnen die Herausgeber mit Verweis auf ihr Konzept der Liminalität eine chronologische Fortschreibung der Geschichte der Kindheit von Philippe Ariès ab. Die "Eigenart" der Jugend soll unterstrichen und als "ein gesellschaftliches und kulturelles Konstrukt" begriffen und gedeutet werden. Der Hinweis auf Ariès bedeutet zugleich eine Abkehr von dem großem Wurf einer linearen Geschichtsschreibung: "So wollen die hier versammelten Texte weder das Bild einer kontinuierlichen historischen Entwicklung noch das einer Homogenität von sozialen und kulturellen Inhalten zeichnen." Da das biotisch-soziale Konzept der Liminalität dies allein nicht leisten kann, wird es um die aus der Ethnologie bekannte Perspektive der rites de passage erweitert. Damit werden die sozialen und kulturellen Riten jugendlicher Liminalität zu einem besonderen Objekt der Untersuchung erhoben, eine Bestimmung, die von den meisten Autoren auch mehr oder weniger beachtet wird.
Mit dem Begriff "Jugend" verbinden sich auch die Vorstellungen, Bilder und Mythen, die sich die Gesellschaften von ihrer Jugend machen. Die Strategien und Formen der kulturellen Sozialisation der jungen Generation sind zwar verschieden, zeigen aber als konstante Tendenz das Bemühen der Älteren, den Jüngeren Rollen zuzuweisen und ihnen Werte und Regeln aufzuzwingen. Meist registrieren die Älteren mit Angst und Besorgnis die Abweichungen von überlieferten Werten, Normen und Verhaltensmustern. Aber die konstatierte Auflehnung der Jungen gegen die Werte, Normen und den Verhaltenskodex der Älteren scheint vor allem ein typischer Konflikt der modernen Gesellschaften zu sein. So erfährt denn auch die Moderne und ihre totalitären Verzerrungen in der Geschichte der Jugend eine besondere Berücksichtigung. 
Band I behandelt über 2500 Jahre Geschichte auf 431 Seiten, während der Band II sich auf 505 Seiten mit der aufmüpfigen Jugend des "langen" 19. Jahrhunderts und den Mythen und Metamorphosen der Jugend des 20. Jahrhunderts befasst. Die Geschichte der Jugend ist keine Weltgeschichte der Jugend und auch keine Geschichte der europäischen Jugend. Thematisiert wird der traditionelle westeuropäische Kanon: die Antike - d.h. das homerische Griechenland, die hellenischen Poleis Sparta und Athen, die römische Republik und das Imperium - das abendländliche Mittelalter, die Renaissance, die Frühe Neuzeit, der Absolutismus, die Aufklärung, die Französischen Revolution und ihre Auswirkungen, das 19. und 20. Jahrhundert. Untersuchungsgegenstand, Quellen und Literatur beziehen sich vorwiegend auf Italien und Frankreich. England und Deutschland werden aber teilweise mitberücksichtigt. 

Die Autorenbeiträge werden eröffnet mit einer Untersuchung von Alain Schnapp zum Bild der Jugend in der griechischen Polis. Souverän werden Sekundärliteratur, die Texte der griechischen Philosophen und Dichter und 40 ikonographische Quellen ausgewertet, um die Erscheinungsformen und die Rolle der männlichen Jugend darzulegen und zu bestimmen. Ausgang der Untersuchung bildet die Idee der Paideia. Thematisiert werden: die Altersklassen bei Homer, die Begründung der geregelten Erziehung bei Kretern und Spartiaten, die attische Ephebie, die Bedeutung der Jagd für die Sozialisation und Initiation der jungen Krieger. Dem aus der Ethnologie in vielen Gesellschaften bekannten Brauch der Zieh- oder Pflegschaft ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Weitere Kapitel befassen sich, mit der Kunst ein Jüngling zu sein und der Kunst in der Polis zu leben. In der Paideia werden die Erziehung des Körpers und des Geistes verbunden. Nur bedingt partizipieren die Mädchen an diesem Modell. Ihrer Erziehung widmet der Verfasser lediglich drei Seiten, die zudem noch in einem Kontext zur Erziehung der männlichen Jugend stehen. Eine Untersuchung über die Erziehung der jugendlichen Krieger kann die homosexuellen Beziehungen zwischen dem Eromenen und dem Erasten nicht übersehen. Alain Schnapp setzt sich mit den seit dem 19. Jahrhundert diskutierten Theorien der griechischen Homosexualität auseinander und unterstützt die Auffassung, die in der homosexuellen Liebe ein besondere Form der Soziabilität sieht. 

Augusto Fraschetti entfaltet die Welt der jungen Römer vom Romulus-Remus-Mythos aus. Am Anfang der römischen Geschichte stehen zwei Jünglinge. Mit der Stadtgründung endet die in der Wildnis der Wälder und Berge zugebrachte Lebensphase. Remus, der mit seinem Sprung über die Mauer den neuen Lebensstil und den befriedeten städtischen Lebensraum nicht respektierte, wurde gleichsam im Namen der Zivilisation von dem brüderlichen Stadtgründer getötet. So wird das Schicksal des Remus zum Symbol des Ausschlusses unzulässiger Praktiken und Verhaltensweisen aus dem Raum der Stadt. Die Zähmung der wilden Jugend bildet eine Konstante der römischer Sozialisation. Fraschetti stellt die verschieden Stufen der Integration der männlichen Jugend vor und informiert über Feste und Initiationsriten und die mit ihnen verbundene Erfahrung der Wildnis. Diese endet mit dem Anlegen der Männertoga. Mit dem Eintritt in die Stadt werden nun Forum und Kapitol die Bezugsgrößen des jungen Bürgers. Die Bedeutung des Heerwesens für die Sozialdisziplinierung des jungen Römers und das Verhältnis zwischen den Jungen und Alten wird ausführlich gewürdigt. Fraschetti vermutet, dass die vor allem in den westlichen Provinzen anzutreffenden kommunalen Jugendorganisationen und die von ihnen veranstalteten Spiele (lusus iuvenum) ursprünglich einen doppelten Zweck erfüllten: Vorbereitung auf die Teilhabe an der kommunalen Politik und Kontrolle über eine Alterklasse, deren Energien unter Umständen gefährlich werden konnten.

Elliot Horowitz informiert über 500 Jahre Jüdische Jugend in Europa (1300-1800) und stellt gleich zu Beginn fest, dass für den beschriebenen Zeitraum nicht von der Welt junger Juden gesprochen werden könne, sondern von recht unterschiedlichen Welten. Und dies nicht nur hinsichtlich der epochalen Veränderungen, die in diesen 500 Jahren die Welt überhaupt veränderten. Kulturelle Unterschiede existierten zwischen den mediterran-sephardischen und den aschkenasischen Judenheiten in Mittel und Osteuropa, wobei innerhalb des aschkenasischen Judenheit erhebliche Unterschiede zwischen dem Osten und Westen vorhanden waren. Die soziokulturellen Differenzen wirkten sich auch auf die jugendlichen Lebenswelten aus. Allgemein bestand innerhalb der jüdischen Gesellschaften eine ausgeprägte Geschlechter- und Klassendifferenz. 
Andererseits verbindet alle Juden die Verpflichtung ihr Leben nach der Thora und der Halacha zu gestalten. Diese Besonderheiten für das Leben junger Juden werden von Horowitz präzise dargestellt. Wir werden informiert über die Jungen, die mit 10 Jahren bereits am Wendepunkt ihres Lebens stehen, über das Heranwachsen unter den Augen des Rabbiners und über die Eheschließung als Voraussetzung für die volle Akzeptanz als Erwachsener. Besonders die wohlhabenden Frommen heirateten früh. Ihnen galt die Ehe als eine moralische Ordnungsmacht, zumal auch der soziale Status eines im Alter fortgeschrittenen Junggesellen gering war. Ausführlich befasst sich Horowitz mit den Schwierigkeiten, die die Aufbringung der Mitgift den Brautvätern bereitete, und den Mitgiftgeschäften, bei denen oft die jungen Ehemänner von den Schwiegervätern getäuscht wurden. 
Horowitz beschäftigt sich nicht nur mit den jungen Juden der Oberschicht, sondern thematisiert auch die Rollen der Mädchen und jungen Frauen. Ein größerer Abschnitt ist den männlichen und weiblichen Dienstbotenkarrieren gewidmet. Die sexuellen Probleme, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben, werden eingehend erörtert. Der Beitrag von Horowitz erfasst alle sozialen Segmente der Lebenswelt junger Juden und Jüdinnen. 

Der Beitrag von Christiane Marchello-Nizia beschäftigt sich mit der fiktiven und exklusiven Welt des Rittertums und des höfischen Lebens. Auf der Grundlage der volkssprachigen Literatur - dem höfischen Roman und der chansons de geste - wird die Lebensweise, der Verhaltenkodex und das Wertesystem der in den Sagenkreisen um Karl den Großen und König Artus versammelten symbolischen Gestalten beschrieben und interpretiert. Zwei Vorstellungen beherrschen nach Marchello-Nizia die europäische Literatur zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert: Liebe und Heldentat, Rittertum und höfisches Leben. Immer sind die Helden Jünglinge oder solche Männer, die Eigenschaften der Jugend besitzen. Über Jugend und Schönheit verfügen auch die idealen Frauengestalten dieser Literatur. Die Frau erscheint als die eigentliche Gestalterin des höfisches Leben und der courtoisie.
Ausführlich wird die Semantik des Rittertums expliziert. Die von Marchello-Nizia vorgestellten und gedeuteten Jugendwelten sind fiktive Welten, jenseits der geschichtlichen Lebenswirklichkeit. Und wie real sind Rittertum und höfisches Leben? Die Antwort der Verfasserin ist eindeutig: "Höfisches Leben ist gewiss ein Ideal der Gesellschaft und damit real."
Zu fragen wäre nun nach der Wirkung dieser Literatur auf die Leser, wobei diese rezeptionsgeschichtlich zunächst einmal zu erfassen wäre. Bestimmte für das wirkliche Leben gedachte Implikationen sind aber durchaus aus dem Schicksal der dargestellten Jünglinge zu erkennen. Ihnen ist es nämlich beschieden "sterben zu müssen: in exemplarischer Weise und wenn möglich ästhetisch zu Nutz und Frommen der Institution, um das Leben der Gruppe zu sichern." Hier ist noch ein weites Feld zu bearbeiten: der schöne Schein und die hässliche Wirklichkeit. 
Christiane Marchello-Nizia hat in einer anregenden und reich dokumentierten literaturwissenschaftlichen Analyse Rittertum und höfisches Leben vorgestellt und die ideelle Rolle der Jugend und die Funktion von Jugendlichkeit dargelegt. Ihren Hinweisen zur Mentalitätsgeschichte sollte über die symbolische Ebene hinaus nachgegangen werden. 

Ohne Anführungszeichen stellt Elisabeth Crouzet-Pavan ihre Studie zur Jugend im mittelalterlichen Italien (13. bis 15. Jahrhundert) unter den abgewandelten Baudelaire`schen Titel: Eine Blume des Bösen.
Es sind nicht nur Bußprediger wie Bernhardin von Siena und Savonarola, welche die Zügellosigkeit, die Verderbtheit der Sitten, die Verschwendungssucht, die Spottlust und die Gewalttätigkeit der männlichen Jugend und der jungen Männer, der età di 30 in 35 anni, in scharfen Worten geißeln. Auch die von Crouzet-Pavan herangezogenen Chroniken malen ein "rabenschwarzes Bild" der Jugend und verurteilen das ausgelassene Treiben der jugendlichen Kohorten. Auch in den Akten der Justiz findet die Verfasserin zahlreiche Belege für gewalttätige Übergriffe der giovani. Neben den giovani tadeln Bernardin und Savonarola noch einen weiteren, ihnen unliebsamen Stand: die Frauen. Beide wurden für dieselben Schwächen gescholten, für denselben Mangel an Zucht in Worten, Taten und Vergnügungen. Gegen beide Gruppen mobilisierte Savonarola seine stets gewaltbereiten, gut organisierten Kinderscharen.
Die in den Quellen auf der Ebene der historia rerum gestarum dargestellten negativen Jugendbilder werfen einige Fragen auf. Spiegeln sie die Wirklichkeit der jugendlichen Lebenswelt wider oder nur die negativen Projektionen besorgter Erwachsener ? Wie steht es um die Verfasstheit einer Gesellschaft, die solche Blüten des Bösen hervorbringt? Wie verhalten sich diejenigen, die über die Macht und die Ressourcen verfügen? Offensichtlich konnte die Autorin im engen Rahmen dieser Studie Fragen dieser Art nicht näher treten. Es würde sich gewiss lohnen diese in einer generationenübergreifenden Studie zu untersuchen. Crouzet-Pavan verschließt sch überdies nicht dem gesellschaftlichen Konnex jugendlichen Handeln. So weist sie auf den radikalen Protest des heiligen Franz von Assisi hin. Dieser bedeutete ja nicht nur die Abkehr von den Zerstreuungen der privilegierten giovani, sondern richtete sich vor allem auch gegen die in den Vätern konfigurierte gesellschaftliche Ordnung. Auch die beschriebene Inanspruchnahme der Jugendkohorten durch die Adelshäuser, den Hof und die Kommune weist auf das soziale Gefüge hin, aus dem sich die Aktionen der Jugendlichen erklären. Die kriegerischen Spiele, die die Kommunen bei den großen lokalen Festen, beim Besuch hoher Persönlichkeiten und anderen außergewöhnlichen Ereignissen anordneten, wurden von den Brigaden der Jugendlichen durchgeführt.
Die Klage über die Exzesse und Regelverletzungen der Jugend spiegelt auch den langen Prozess der Zivilisierung und der Zähmung der Gewalt durch die neuen, das Gewaltmonopol beanspruchenden kommunalen und etatistischen Ordnungsmächte wider. Die Anwendung von Gewalt, die einst die soziale und symbolische Rolle vor allem der jungen Leute aus den Adelsfamilien und ihres Anhanges konturierte, galt nun als obsolet. Diese am Schluss des Aufsatzes geäußerte Ansicht besitzt eine hohe Plausibilität. 

Embleme, Attribute und Inszenierungen der Jugend in der mittelalterlichen Darstellung behandelt Michel Pastoureau in einer interessanten Studie, deren Aussagen, durch 22 authentische Abbildungen belegt, überprüfbar und nachvollziehbar sind. Einbezogen in den ikonologischen Befund werden die Diskurse des 14. und 15. Jahrhunderts, die sich mit der Klassifizierung und Bewertung der Lebensalter befassen. Es sind vor allem die Vorstellungen, die man sich im Mittelalter von der Jugend machte, die von Pastoureau untersucht werden. Ermittelt wird die in Bildern dargestellte "Idee der Jugend" und ihre ikonologische Inszenierung. Der Autor entziffert den Code, die Attribute und die Verfahren, die verwendet wurden, um die Jugendlichen von anderen Personen abzugrenzen. Da mittelalterliche Bilder stets auch über sich hinaus verweisen, fragt Pastoureau nach dem verborgenen Sinn, der sich mit der Gestalt des Jugendlichen verbindet und fragt weiter, wofür die jeweilige Jugendgestalt steht. Schwieriger als die Entzifferung des religiösen Sinns gestaltetet sich die Aufdeckung des realen Gehalts, der eventuell ausgedrückten Gefühle und der angesprochenen sozialen Ethik. Dem Autor gelingt es, die aufgeworfenen Fragen im Rahmen der ihm zu Verfügung stehenden methodischen Möglichkeiten zu beantworten und eröffnet seinen Lesern Einblicke in eine nicht nur ferne Welt, in eine Welt, die durchaus auch eine aufmüpfigen Jugend kannte, "eine erregte, laute Gesellschaft", und die ihre Jugend in Diskurs, Heraldik und Dichtung mit der Farbe Grün, dem Symbol der Lebenskraft - der viriditas - kennzeichnete. 

Nicht fiktive, sondern reale Jugendliche in Aktion beschreibt und analysiert Norbert Schindler in einer Studie mit dem provokativen Titel Die Hüter der Unordnung.
Es geht, wie der Untertitel eröffnet, um Rituale der Jugendkultur in der frühen Neuzeit. Die Studie gründet auf der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur zur Volkskultur, zu Karneval, Charivari, Rügebrauchtum, Winterbräuchen, Haberfeldtreiben und den Schweizer Knabenschaften. Herangezogen wird auch die Literatur zur Devianzproblematik und Sozialdisziplinierung. Primärquellen wie Sittenmandate, Ratsverordnungen, Stadtrechte und Visitationsberichte verleihen der Untersuchung eine gediegene historiographische Grundlage. Der Verfasser wertet sein Material souverän aus und vereinigt es zu einer überzeugenden Synthese. Eröffnet wird die Darstellung mit einer Beschwerde mehrerer protestantischer Pfarrer, die beim Rat der Stadt Schaffhausen gegen nächtliche Übergriffe (kotverschmierte Türschlösser, abgehauene Obstbäume) protestieren und eine Abstellung dieses groben Unfuges forderten. Damit ist das durchgängige Leitthema angeschlagen: die anonymen Attacken von meist jugendlichen Cliquen gegen unliebsame Personen, meist ausgeführt mit der stillen Duldung der Erwachsenen. Unterschiedlich waren die Anlässe, die die jugendlichen Protestaktionen auslösten, ebenso unterschiedlich die Protestformen, die von scherzhaften Streichen bis zu kollektiven Charivaris und Rügepraktiken gegen sozialmoralische Verfehlungen reichten. Die Hüter der Unordnung waren die eigentlichen lausstarken Hüter einer traditionellen und popularen Ordnung, die sich einer egalisierenden Modernisierung und Sozialdisziplinierung von Oben entzog. Sie wendeten sich vor allem gegen die geistlichen Repräsentanten einer neuen Ordnung: die reformierten Prediger in der Schweiz und die Jesuiten in Bayern. Die Freiräume die den Jugendlichen stillschweigend zugestanden wurden, hatten ihren festen Platz im Tagesablauf: Ihnen gehörte die Nacht. Schindler stellt die Kultur der männlichen Jugendgruppen und ihre formalisierten Aktionen ausführlich dar und unterzieht die "Jugendstreiche" einer soziokulturellen Interpretation. Auch im ländlichen Raum hatte sich schließlich mit der fortschreitenden Alphabetisierung, den sozioökonomischen Veränderungen und der Konsolidierung der staatlichen Gewalt ein neues Wertesystem etabliert, das die von den Jugendlichen ausgeübte Volksjustiz entbehrlich machte. 

Renata Ago, die sich mit den jungen Adligen im Zeitalter des Absolutismus befasst, sieht diese privilegierte, in ihrem Handlungsspielraum aber sehr eingeschränkte Gruppe, in eine antithetische Bewegung zwischen väterlicher Autorität und Freiheit eingebunden. Mit einem Auszug aus Alessandro Manzonis Roman Die Verlobten, eröffnet sie ihre Studie. Geschildert wird die Gewohnheit des Vaters der Nonne von Monza, eines vornehmen Mailänder Edelmannes, alle jüngeren Kinder beiderlei Geschlechts für das Kloster zu bestimmen, um dem Erstgeborenen das Erbe ungeschmälert zu erhalten. Ausgehend von diesem Text verweist Renata Ago auf ein Milieu, in dem die Väter eine absolute Macht ausüben und ohne Rücksicht auf die individuelle Wünschen der Betroffenen Familienpolitik betreiben und durchsetzen konnten. Dieses gängige Geschichtsbild wird von Renata Ago zwar nicht grundlegend revidiert, aber dennoch nicht unerheblich korrigiert. Die von ihr zusammengetragenen Zeugnisse zeigen eine komplexere und widersprüchlichere soziale Wirklichkeit. Die standesgemäße Versorgung der Nachgeboren wurde, seit sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts die Primogenitur in den westeuropäischen Adelsfamilien weitgehend durchgesetzt hatte, zu einem Problem, das intelligentere Lösungen erforderlich machte als die von Manzoni geschilderte, zumal in protestantischen Ländern das Kloster als Ausweg nicht zur Verfügung stand. Die meisten Eltern waren sich durchaus ihrer Verantwortung gegenüber den nachgeboren Kindern bewusst und setzen mehr auf Überredung als auf bedingungslosen Gehorsam, zumal besonders in Italien in katholischen Predigten immer wieder auf die Entscheidungsfreiheit für die Gültigkeit der Ehe oder des Priesteramtes hingewiesen wurde. Ausführlich befasst sich Renata Ago mit den Familienpraktiken des "italienischen Modells". Die Mädchen und Knaben wurden auf ihre zukünftigen Lebensrollen durch eine auf diese abgestimmte intentionale Erziehung vorbereitet, so dass sie, herangewachsen , die ihnen zugedachte Rolle so weit verinnerlicht hatten, dass sie der Familie in der Regel keine Probleme mehr bereiteten. So weit das Modell und die Erwartungen der Familienoberhäupter. Eine typische Form des jugendlichen Protestes gegen die zugemutete Lebensrolle war die heimliche Eheschließung. Renata Ago stellt solche Fälle vor und weist auf die unterschiedlichen Reaktionen der staatlichen, kirchlichen und familialen Autoritäten in den italienischen Stadtstaaten, im katholischen Frankreich und im protestantischen England hin. Renata Agos Studie verbindet in ausgewogener Form normative Quellen mit konkreten Fallbeispielen. 

Giovanni Romano eröffnet den zweiten Band der Geschichte der Jugend mit einem anregenden Essay über Jugendbilder in der Moderne, wobei mit der Moderne zeitlich die Großepoche zwischen dem ausgehenden 15. und frühen 19. Jahrhundert begriffen wird. 27 abgebildete Jugendbildnisse werden einer knappen Deutung unterzogen. Romano steht der Aussagekraft der Bilder im Hinblick auf die Chance "etwas über die Jugendlichen als menschliche und gesellschaftliche Gruppe zu erfahren" kritisch gegenüber. Der Rezensent sieht sich nicht in der Lage, zu beurteilen, ob dies ein grundsätzliches Problem oder ein Problem der angebotenen Bilderwahl ist. Eindringlich warnt der Autor vor unzulässigen aktualisierenden Interpretationen von Bildzeugnissen, vor einem Verfahren, das von den Kunsthistorikern längst aufgegeben worden, nun aber bei Kulturhistorikern erneut in Mode gekommen sei. In seiner chronologischen Übersicht stellt Romano fest, dass es Leonardo da Vinci gewesen sei, der erstmals Gefühlsregungen des Menschen in sinnlicher Form dargestellt habe. Im Verlauf des 16. Jahrhundert seien bei den Jugendbildnissen die Merkmale der Jugendlichkeit allmählich hinter die der Standeszugehörigkeit zurückgetreten. Carravaggio habe mit seinen Genrebildern im 17. Jahrhundert eine "kulturelle Revolution" ausgelöst. Im 18. Jahrhundert und der Romantik habe sich in der Malerei der Gedanke durchgesetzt, in der Natur lägen ursprüngliche Reinheit und Tugend verborgen und das Jugendalter sei das am wenigsten von der Zivilisation berührte. Mir scheint, dass Romano diese doch eher auf die Kindheit bezogene Theorie zu undeutlich auf das nicht mehr so naive Jugendalter überträgt. Romano konstatiert eine Zunahme der Jugendbildnisse und weist auf die Doppelbildnisse und Freundschaftsbilder hin, die eine neue Solidarität der Jüngeren gegenüber der feindlichen Welt der Älteren erkennen ließen.

Der Krieg hat ein jugendliches Antlitz. So lautet, in Anspielung auf Vorstellungen von Gabriele D`Annunzio der erste Satz der Studie von Sabina Loriga über die Militärerfahrung junger Männer. Erst mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bevölkerten junge Männer die Armeen, während in den stehenden Heeren des 17. und 18. Jahrhunderts vorwiegend Soldaten jenseits des Jugendalters dienten. Sie galten als zuverlässiger, stabiler und erfahrener als junge Leute. Dennoch hatten die Heere, besonders in Frankreich und trotz der allmählichen Einrichtung von Altersgrenzen, noch lange Zeit Jugendliche in sehr jungem Alter aufgenommen. Am Beispiel Frankreichs und Italiens zeigt Sabina Loriga auf, wie die Wehrpflicht von den Jugendlichen aufgenommnen und welche Praktiken angewandt wurden, um sich ihr zu entziehen. Allerdings spielte die Armee auch ein wichtige Rolle bei der Alphabetisierung der männlichen Bevölkerung. Der Gedanke, dass der Offizier als "Lehrer der Nation" auch für die moralische Erziehung der Bürger verantwortlich sei, wurde nicht nur in Frankreich von Militärpädagogen vertreten. Besonders nationalistische Gruppen stellten die Militärzeit als eine soziale und affektive Grenze zwischen Jugend und Erwachsenenalter und als Ort der Initiation dar. Damit verbunden waren der Kult der Männlichkeit und sein Rituale. 
Das am Anfang angeführte Zitat evoziert bewusst die Vorstellung eines heldenhaften Todes auf dem Schlachtfeld. Die Rhetorik vom männlichen Tod, die in allen europäischen Nationen gepflegt wurde, erwies sich angesichts der Materialschlachten des Ersten Weltkrieges als schwülstiges und leichtfertiges Pathos und als ein Verbrechen nicht nur an der jungen Generation: Ein Antlitz wurde zur Fratze.

Daniel Fabre beschreibt in seinem Beitrag Burschen, Mädchen und das Volksfest eine Jugend in Aktion. Sein Untersuchung gehört zu den wenigen in dieser Geschichte der Jugend, in der nicht nur über die Jugend nachgedacht und Vorstellungen und Jugendbilder reflektiert werden, sondern eine konkrete Jugend in einer konkreten Situation vorgestellt wird. Dargestellt wird die Rolle der Burschen und Mädchen bei der Planung, Organisation, Gestaltung und Durchführung des jährlichen Volksfestes, das zugleich das Kirchweihfest (fête) ist, in einem Dorf der Montagne Noire im Jahr 1960. Die Jugend agiert hier nach ähnlichen Ritualen wie sie Norbert Schindler ("Die Hüter der Unordnung") beschrieben hat. Sie handelt als eigene, von der Dorföffentlichkeit anerkannte Instanz. Das lokale Volksfest gilt als das "temporäre Reich" der Jugend. Beide Geschlechter spielen in diesem Reich ihre vorgegebenen und unterschiedenen Rollen. Fabre schildert in dichter Beschreibung die Stationen und den Verlauf dieses Festes und stellt diese unter die sprechenden Titel: Unter dem grünen Dach - Die wohltemperierte Courtoisie - Die Nacht der Burschen. Die seit der frühen Neuzeit bekannten Aktionen feiern in dieser Nacht fröhliche Urständ: Schabernack, Charivari, Schimpf und Spott in jeder Form, jedoch stets innerhalb des von der Dorfgemeinschaft noch tolerierten Rahmens. Die Jugendlichen sind auch hier die Träger sozialer Kontrolle, die Hüter der (Un-)Ordnung. Mit der Farandole und ihrer harmonischen Unordnung endet das Fest. Das Dorffest kultiviert nicht nur das überlieferte Brauchtum. Es ist auch der Ort der Präsentation des Neuen und Modischen und der Ort des galanten Aufeinanderzugehens von Burschen und Mädchen. Fabre sieht in diesem aus vorindustrieller Zeit stammenden Fest, ein Mittel für die Konstitution des gemeindlichen Zusammenhaltes und für die Selbstkonstruktion der Jugendlichen als fertige Erwachsene und Dorfbewohner.

Jugend werde im 19. Jahrhundert weitgehend mit der akademischen Jugend und den demokratischen oder nationalistischen Auseinandersetzungen identifiziert, während die Jugendlichen aus dem Arbeitermilieu, denen Gymnasium und Universität verschlossen waren, weniger mit dem Begriff Jugend in Verbindung gebracht worden seien. Auf diese vergessene Arbeiterjugend macht Michelle Perrot unter der Überschrift Zwischen Werkstatt und Fabrik aufmerksam. 
Die mit 14 Jahren aus der Volkschule entlassenen Halbwüchsigen traten sofort und meist als Schwerarbeiter in die Arbeitswelt ein, die ihre körperlichen, geistigen, sozialen und psychischen Kräfte voll absorbierte. Sie hatten ebenso wenig eine Jugend wie die schwer arbeitenden Kinder in den Ländern der 3. und. 4. Welt von heute. Ihnen fehlte die Latenz- und Formationsphase der bürgerlichen Jugend, die eine günstige Voraussetzung für die Soziabilität und Selbstbestimmung bildet. Diese Jugend hatte innerhalb der Arbeiterfamilie und der Arbeiterklasse keine Chance, sich selbst zu bestimmen. Von ihr wurden Gehorsam und Arbeit erwartet. Michelle Perrot geht den Vorstellungen nach, die sich die Gesellschaft von diesen Jugendlichen machte, deckt deren Ängste vor dieser Jugend auf und beschreibt die typischen Lebensabläufe. Des weiteren schildert die Autorin die Härte und die Gewalt in den Werkstätten, die den „Lehrlingen“ nur die Wahl ließ zwischen Auflehnung und Ausreißen oder der stummen Unterwerfung, um später selbst die einmal erfahrene Repression an den noch Schwächeren aggressiv abzuleiten. Mehr als die Werkstatt begünstigte die Fabrik kollektive Aktionen von Jugendlichen. Sie beteiligten sich eher an Streiks und sammelten sich um “Rädelsführer“. Michelle Perrot behandelt ausführlich das Leben in der Arbeitersiedlung und verweist auf die Präsenz der Familie und den in ihr herrschenden „Kult des Vaters“. Sein autoritäres Vorbild wurde von den Jungen reproduziert, während die Mädchen der Arbeiterklasse sozial und sexuell in sich sämtliche Nachteile vereinigten. Ausführlich geht die Autorin auf die Welt der Arbeiterinnen ein und gibt Auskunft über die Liebe, die Ehe und die Ehe ohne Trauschein. Die Quellenlage für eine Geschichte der Arbeiterjugend gestaltet sich insofern schwierig, weil diese Jugend sich im Gegensatz zur bürgerlichen Jugend kaum selbst artikulierte. Diese Jugend wird in den Quellen eher vorgestellt. Michelle Perrot ist es dennoch gelungen die Oberfläche dieser Quellen – es handelt sich vorwiegend um formelle und informelle Enqueten, um Presseberichte, Gerichtsakten und Autobiographien – zu durchdringen. Die beachtliche Sekundärliteratur wurde konsequent konsultiert und ausgewertet.  

Jean-Claude Caron wendet sich dem bevorzugten und sprechenden Teil der Jugend zu: den Gymnasiasten in Frankreich und Europa. Der Obertitel Jugend und Schule verweist auf das dieser Jugend eingeräumte Privileg einer Latenz- und Formationsphase, denn die Schule, die Caron vorstellt, war nicht die Schule des Volkes. In den Enqueten wird für die kommunalen höheren Schulen, die collèges, der Anteil von Arbeitersöhnen über das 19, Jahrhundert hinweg auf 2-2,5 % beziffert und auf nur 1,5 % für die elitäreren staatlichen Schulen, die lycées. Vom Ancien régime bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde durchgängig die Furcht artikuliert, zuviel Unterricht für die Massen des Volkes könne das soziale und ökonomische Gleichgewicht stören, da eine zu hohe Zahl von Gebildeten Arbeitslosigkeit und damit Aufruhr und Revolution provoziere.
Caron geht der Entstehung nationaler Erziehungen in den europäischen Staaten nach und der Entdeckung der Jugend als nationaler Wert. Eng damit verbunden war die Diskussion um das Verhältnis von Familie und Schule. Caron konstatiert eine zunehmende Verlagerung der Sozialisation von der Familie auf die Schule (Die Schule gegen die Familie). Dies gelte auch bedingt für die Volksschule, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts nicht nur in Frankreich konsequent ausgebaut wurde. Der Besuch des Gymnasiums setzte den Abschluss der Volksschule und eine finanzielle Wohlsituiertheit der Familie voraus, die es ihr erlaubte, das Schulgeld und die sonstigen Aufwendungen zu bezahlen und auf die Arbeitskraft des Kindes zu verzichten.
Die Lehrinhalte in den Gymnasien waren weiterhin dem griechisch-lateinischen Bildungskanon des Ancien Régime verpflichtet und reproduzierten vor allem in Frankreich eine intellektuelle Elite, die sich von den Pas latins abgrenzte und damit auch von Absolventen solcher Schulen, in denen Realien, moderne Fremdsprachen oder berufliche Fertigkeiten gelehrt wurden. Das Leben in den Höheren Schulen stellt der Verfasser unter den sprechenden Titel Das collège oder die Einschließung von Körper und Geist. Der Unterricht wurde bestimmt durch den magistralen Vortrag; das Schulleben vollzog sich nach dem Prinzip von Strafe und Belohnung (Lorbeerkranz und Rute). Auflehnung und Widerstand wurden zwar gewaltsam unterdrückt, kamen aber immer wieder vor. Die jugendliche Violenz richtete sich im Alltag gegen einzelne Lehrer und gegen Mitschüler. „Mobbing“ war üblich. Anhand von Beispielen aus der Literatur werden die Sexualität und die affektiven Bedürfnisse der in den Internaten eingeschlossenen Jugendlichen vorgestellt und reflektiert.
Dass von 66 Textseiten nur acht der schulischen Sozialisation der weiblichen Jugend gewidmet sind, weist nicht auf eine Blickverengung des Autors hin, sondern spiegelt die gesellschaftliche Realität des 19. Jahrhunderts wider. Nur allmählich setzte sich eine höhere Schulbildung auch für die weibliche Jugend durch. Caron beschreibt und erläutert unter dem provokativen Titel Die Parias der Menschheit eindringlich die retardierende Entwicklung der höheren Mädchenschulen.
In collège und lycée wurden – dies ist die abschließende Wertung von Jean-Claude Caron – durchaus Individuen erzogen, die den Normen der „neuen Gesellschaft“ – Leistung, Verdienst, Konkurrenz, Erfolg usw. – voll entsprachen.
Caron stützte sich für seine interessante und informative Studie auf die Belletristik, die Memoiren- und Debattenliteratur und auf einschlägige wissenschaftliche Untersuchungen französischer und englischer Provenienz.

Sergio Luzatto stellt seiner Untersuchung über die Jungen Rebellen und Revolutionäre zwischen 1789 und 1917 einen Ausspruch von George Sand voran: Die Revolution hat das Alter erfunden. Nicht allein die Erfindung der Jugend gehörte zu den widersprüchlichen Erscheinungen der Großen Revolution und der Revolutionen, die sich auf sie beziehen.  Während die Jakobiner die in ihrem Sinn erzogenen Jugendlichen frühzeitig zu erwachsenen Revolutionären machen wollten, legten nach Ende der Jakobinerherrschaft die Thermidorianer, die im übrigen von den Muscadins der Jeunesse dorée im Kampf gegen die Jakobiner unterstützt wurden, eine deutlich von Kindheit und mittlerem Erwachsenenalter geschiedene Altersklasse juristisch fest. Gleichzeitig etablierte sich mit der "Geburt des Greises" ( J.-P. Gutton: Naissance du veillard. Paris 1988) die Herrschaft der Alten. Am Beispiel der Altersgrenzen für die Wählbarkeit und das Wahlrecht in Frankreich verdeutlicht Luzatto die unterschiedliche öffentliche Wertschätzung der Jugend. Offensichtlich war auch den bürgerlichen Reformern und Revolutionären die Spontaneität der Jugend nicht geheuer. Luzatto weist darauf hin, dass von der französischen und italienischen Karboneria bis zu den deutschen Wandervogel-Bünden und ihrem Protest gegen das wilhelminische Bürgertum die Jugend weitgehend als unruhig und rebellisch empfunden wurde. Diese unruhige Jugend wird jedoch nicht in Aktion dargestellt. Mehr als die tatsächliche Präsenz der Jugendlichen in den verschiedenen europäischen Revolutionen geht es Luzatto um ihre „imaginierte Präsenz“. So stehen denn auch nicht in erster Linie die Jugendlichen im Mittelpunkt, die an revolutionären Handlungen beteiligt waren oder sich in einer der zahlreichen Protestbewegungen artikulierten, „sondern all diejenigen Rebellen und Revolutionäre jeglichen Alters, die sich jung fühlten und als Junge kämpften“. Und diese "grauen Bärte" stellten in der Protestgesellschaft durchaus keine Quantité négligeable dar. 
Jugend wird somit zu einem die Generationen übergreifenden Topos, der besonders von den totalitären Bewegungen des 20. Jahrhunderts aufgegriffen und zu einem Kult „ewiger Jugend“ hochstilisiert wurde. Zwischen den sich permanent jung fühlenden Altrevolutionären und den nachgeborenen Jungen - den "braunen Bärten" - bestand ein ambivalentes Verhältnis. Neuere von Luzatto herangezogenen Ergebnisse der sozialgeschichtlichen Forschung korrigieren denn auch das Bild einer stets vorwärts gewandten und revolutionären Jugend. Der von Luzatto verfasste Abriss der Geschichte der jungen Rebellen und der oft nicht mehr jungen Revolutionäre ist gleichzeitig eine Geschichte der Rezeption der Großen Französischen Revolution, ihrer Mythen und Riten, und ihrer Faszination auf die europäischen Revolutionäre, die zudem meist als Emigranten in Paris lebten. Luzatto versammelt die gesamte revolutionäre Prominenz und ihre Gegner in seiner facettenreichen Geschichte einer unruhigen und rebellischen Jugend und zeigt auf der Grundlage von Aufzeichnungen, Briefen, Memoiren, Romanen und der zeitgenössischen Historiographie die Vorstellungen auf, die sich die Gesellschaft im allgemeinen und die im Lebensalter fortgeschrittenen Revolutionäre jeden Alters und jedweder Couleur im besonderen von der Jugend machten.

Ihren Beitrag über die Jugend im italienischen Faschismus stellt Laura Malvano unter die Überschrift Jugendmythos im Bild. Es geht auch in diesem Beitrag um die imaginierte Jugend, und zwar einerseits um deren bildnerische Darstellung im eigentlichen Sinne und andererseits um Jugendbilder im uneigentlich-metaphorischen Sinne: um die Denk- und Wunschbilder, die der Faschismus von der Jugend entwarf und den Werten und Leitbildern, die er damit verband. Beide Bildbegriffe konturierten einen Jugendbegriff, der jede historische und generationengebundene Bedeutung überstieg. Er stand, wie Laura Malvano betont, „für das Idealmodell einer Lebensnorm“. Ein von der Verfasserin zitierter Aufsatz vom 10. Februar 1932 in der Zeitschrift Gioventù Fascista präzisiert diese Vorstellung von Jugend bereits programmatisch in der Überschrift: La giovinezza è un simbolo. Die Botschaft aber lautet im Klartext: „ Der Faschismus ist Jugend, das unerbittliche Gesetz der Zeit aber ist das Altern.“ 
Laura Malvano weist nach, wie dank einer geschickten Propaganda der vielgestaltige Begriff der Jugend zu einem konstituierenden Element des Systems wurde und sich jedweder historischen oder soziologischen Konnotation entäußerte. An 33 ausgewählten Bildbeispielen erkundet die Autorin deren Aussage und Wirkabsicht. Die Sujets der ausgewählten Bilder werden in motivverwandten Einheiten angeordnet und kontextuell interpretiert: Der Jüngling „von schöner Gestalt“ - Der Athlet als Symbol des faschistischen Stils - Das „junge fruchtbare“ Volk - „Der Duce ist der Jüngste von uns allen“ - Die Jugend in Uniform. Die große Bildervielfalt, die abwechslungsreichen Bildtypen und die sie begleitenden vielfältigen verbalen Artikulationsformen konstruierten eindringlich den Mythos einer lichten Jugend im Faschismus. Laura Malvano hat die Elemente, aus denen dieser Mythos sich aufbaut, ermittelt und die Vielheit seiner bildlichen Ausdrucksformen ansprechend und quellennah herausgearbeitet und situationsbezogen durchleuchtet. 

Die Jugend im Dritten Reich steht unter ähnlichen Vorzeichen wie die Jugend im italienischen Faschismus. Sie wird ebenfalls als eine imaginierte und mystifizierte Jugend vorgestellt. Sie transzendiert, losgelöst von Zeit und Raum, die konkret vorfindliche Jugend und steht zugleich als Synonym und Metapher für den Nationalismus. Éric Michaud untersucht diese Jugend unter der Perspektive Soldaten einer Idee und weist an einschlägigen Zitaten nach, dass im Nationalsozialismus der Begriff der Jugend positiv besetzt war und Alter (Gregor Strasser 1927: Macht Platz, ihr Alten! Baldur von Schirach 1934: Fort mit dem Alten!) eine negative Konnotation erfahren hatte. Selbstverständlich strahlte der „Führer“ ewige Jugend aus und die morschen Knochen sollten zittern vor dem Andrängen der Jugend und der neuen Zeit.
Über die Schule und die Hitlerjugend suchte der rassistische Staat die deutsche Jugend im nationalsozialistischen Geist zu erziehen. Die Rassenlehre wurde auf dreifache Weise in den Bildungsprozess eingebunden. Sie war Erziehungsziel, Unterrichts- und Schulungsprinzip und Unterrichtsfach. Sowohl in den Schulen als auch in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen wurden die Jugendlichen angehalten, sich mit dem Führer zu identifizieren und seinen Wunsch zu erfüllen. Von den Mädchen und jungen Frauen wurde erwartet, dass sie „dem Führer ein Kind schenken“ und so als „Soldatinnen einer Idee“ ihre rassische und nationale Pflicht erfüllten. Éric Michaud rekonstruiert diese Implikationen und ihre konkreten Bezüge zur nationalsozialistischen Lebenswelt auf der Grundlage von zahlreichen originalen Schrift- und Bildquellen. Darüber hinaus spricht er die konkurrenzorientierte Dynamik an, die sich auf alle Gliederungen des nationalsozialistischen Systems erstreckte. Er weist auch auf die jugendliche Minderheit hin, die sich im aktiven Widerstand (Beispiele: Weiße Rose; Edelweißpiraten) oder in passiver Opposition (Swingjugend) zum nationalsozialistischen System und seiner totalen Vereinnahmung befasst. Diese Jugend, die eine Gegenwelt zum Jugendmythos der Nationalsozialisten bildete, stellt der Verfasser in Aktion und im konkreten Lebensvollzug dar. Nicht in den Jugendmythos passten die rassisch verfolgten Jugendlichen: die Juden und die Sinti und Roma. Sie kommen auch bei Éric Michaud leider nicht vor.

Im Beitrag von Luisa Passerini werden konsequent die Personen und Personengruppen behandelt, die über die Jugend geredet und geschrieben haben. Es geht also um die Metageschichte der Jugend. Ausdrücklich lehnt es die Autorin ab, die Geschichte der tatsächlichen Jugend historisch zu rekonstruieren. Nur die imaginierte Jugend interessiert. Der Titel ist Programm: Jugend als Metapher für gesellschaftliche Veränderung. Dargestellt wird dies an der Jugenddebatte in zwei unterschiedlichen und gegenläufigen Systemen: dem faschistischen Italien und den Vereinigten Staaten der fünfziger Jahre. Passerini stellt die Kontroversen über die Jugend, die in beiden Gesellschaften geführt wurden, nebeneinander. Eine vergleichende Gegenüberstellung wird nicht angeboten. Dies wird mit der unterschiedlichen Quellenlage begründet, die im Falle der Debatte im Faschismus sich weitgehend auf primäre Quellen stütze, während die Darstellung der amerikanischen Jugenddebatte vorwiegend auf sekundären Quellen beruhe. Abgesehen davon, dass wissenschaftliche Untersuchungen, die in den fünfziger und sechziger Jahren zur Jugendfrage in den USA veröffentlicht wurden, ebenso primäre Belege für einen geführten Diskurs darstellen wie die Artikel in den faschistischen Zeitschriften, scheint mir die Weigerung der Verfasserin, einen Vergleich vorzunehmen, schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Ergebnisse als das aus den Quellen Ermittelte durchaus für einen Vergleich bereitstehen. Die Aufzeichnung zweier gegenläufiger Debatten in einem Aufsatz sollte das Aufspüren von Gemeinsamkeiten und Differenzen nicht allein dem Leser überlassen. In ihren methodischen Vorbemerkungen nennt Passerini denn auch formale Konstanten, die in beiden Gesellschaften auch die Debatte über die Jugend beeinflussten: die Eingebundenheit in die jeweilige Gesellschaftsideologie und, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, die kapitalistischen Vorgaben. Beide Gesellschaften teilten die Illusion, man könne Werte früherer Zeiten wieder mit Leben erfüllen, wie etwa die Familie, die Gemeinschaft, das Vaterland, wobei die Inhalte dieser Illusion zwar verschieden seien, die technischen Lösungen sich aber wiederum ähnelten. Gemeinsam sei auch die Ablehnung des Fremden gewesen, weil man dahinter Abnormalität und den Bruch mit der Gesellschaft vermutete. In beiden Gesellschaften habe die Debatte um die Jugend eine tiefe Krise offengelegt, wobei diese im demokratischen System der Vereinigten Staaten voll zum Ausbruch gekommen sei und zu einer kritischen Betrachtung der westlichen Demokratie und ihrer Begrenztheiten geführt habe, im faschistischen Italien habe die Debatte um Jugend „die Wurzeln der Schwäche jeglicher Form von Totalitarismus freigelegt“.
Die Gleichsetzung von Faschismus/Jugend und Jugend/Krieg hatte über Propaganda und Metaphorik hinaus auch einen realen demographischen Hintergrund. Die faschistischen Führer gehörten der Kriegsgeneration an, wurden zwischen 1890 und 1900 geboren und organisierten die faschistischen Aktionen der Kampfzeit. 1924 waren von 220 faschistischen Abgeordneten 146 nicht älter als 40 Jahre. In den zwanziger Jahren erfolgte die Gründung der paramilitärischen faschistischen Jugendorganisationen. Damit wurde die totalitäre Sozialisation der Generation, die weder am Ersten Weltkrieg noch am Marsch auf Rom teilgenommen hatte, eingeleitet. Zugleich sollte eine neue politische Elite herangezogen werden. Die Debatte konzentrierte sich um die von Giuseppe Bottai herausgegebene Zeitschrift Critica fascista und erfuhr ein unterschiedliches oft polemisches Echo in der faschistischen Presse und in den Jugendzeitschriften. Sie verfolgte zwei nicht immer unterscheidbare Richtungen. Es ging zum einem um die „Ämterfrage“, d.h. um die Postenvergabe und die Karrieren junger Faschisten, zum anderen um die innere Erneuerung des Faschismus. Im Namen der Jugend und der ihr zugeschriebenen Ideale wurde Kritik an der Praxis des faschistischen Regimes zum Ausdruck gebracht. Luisa Passerini beschreibt detailliert diese Debatte, in die Mussolini selbst eingegriffen hatte, und weist nach, dass die Debatte über die Jugend indirekt eine Debatte über die Krise, insbesondere über die ideologische, des faschistischen Systems war. Jugend wurde zur Metapher für Vitalität, Bewegung, Enthusiasmus, Originalität, Erfindungsreichtum, für Kampf und Erneuerung schlechthin und gegen Sattheit, Erstarrung und bürgerliches Behagen reklamiert und mobilisiert. Anderseits wurden auch die Anpassung und das egoistische Karrierestreben angeprangert. 
Parallel zur Debatte über die Jugend befasste sich die italienische Filmproduktion mit der Jugendthematik. Die Gleichsetzung von Jugend und Modernität trat in unterschiedlichen Varianten auf. Jugendliche Figuren wurden mit dem immer wiederkehrenden Motiv der Lebensentscheidung konfrontiert, wobei stereotyp ein laszives Leben einem tüchtigen und tätigen gegenübergestellt wurde. Meist waren es weibliche Figuren, die Einfluss auf die existenzielle Entscheidung der männlichen Protagonisten nahmen. Passerini untersucht etwa 12 Filme auf ihre gesellschaftliche Aussage und gelangt zu dem Ergebnis: Die Jugendlichen verkörpern zum einen die gesellschaftlichen Ängste (z.B. Arbeitslosigkeit; Sinnlosigkeit des Lebens) und stehen zum anderen für eine positive Zukunft. 
Luisa Passerini sieht die Jugenddebatte in den Vereinigten Staaten angesiedelt zwischen der Forderung, den Heranwachsenden die Freiheit und die Möglichkeit zur Selbstbestimmung zu gewähren, und dem Anspruch die kreativen Impulse der Jugend zu vereinheitlichen, zu kollektivieren und in die Gesellschaft zurückzulenken. Eine Kodifizierung der Jugendzeit als eigener Lebensabschnitt sei nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt und mit Begriff des teenager verbunden worden. Das Schlüsseljahr für die Formierung der Teenager sei das Jahr 1955 gewesen. Passerini schildert den Siegeszug der Teenager und analysiert die parallel laufende öffentliche Debatte über die Jugend, an der sich Psychologen, Pädagogen, Soziologen, Justizbeamte und Politiker beteiligten. Gefragt wurde, wie man der sichtbar geworden Andersartigkeit der Jugend begegnen könne und welche Verantwortung man für eine fremd gewordene Jugend trage. Die jugendliche Sexualität wurde erstmals öffentlich thematisiert, zumal sie gleichzeitig Ausdruck der Jugendrevolte war. Den Diskurs über die Jugend in den USA ergänzt Passerini wie am Beispiel des faschistischen Italien mit zeitgenössischen Filmen, in denen sich die Auseinandersetzung um die Jugend besonders eindruckvoll äußerte . Analysiert werden u.a. Kultfilme wie On the Waterfront (1954) mit Marlon Brando; East of Eden (1955) und Rebel Without a Cause (1955) mit James Dean; Baby Doll (1956) mit Caroll Baker. Neben diesen Teenpics bildete die Schallplatte ein weiteres Medium, in dem sich die neue Jugendkultur ausdrückte, und vermittelte vor allem über Stars wie Elvis Presley die Andersartigkeit des neuen „Jugendstils“.
Zum Abschluss ihrer Studien zur Debatte über die Jugend meditiert Luisa Passerini über die Möglichkeit eine Metaphysik der Jugend zu schreiben, verbunden mit einer Analyse ihrer Kontinuitäten und Brüche und formuliert als Forschungsaufgaben u.a. die Vorgeschichte der angeführten Debatten sowie die Kontinuitäten und Brüche zwischen der Jugendkultur der fünfziger Jahre und der Studentenbewegung in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre. Und: eine vergleichende Analyse der verschiedenen Debatten und ihres soziokulturellen Kontextes an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten! 

Der renommierte Jugendforscher Jürgen Zinnecker, der mit Studien zur Jugendkultur und zur Lebensphase Jugend im internationalen Vergleich, vor allem aber durch seine Mitarbeit am Jugendwerk der Deutschen Shell und den von diesem herausgegebenen Enqueten zur Jugendfrage, hervorgetreten ist, beschließt die 2500 Jahre umfassende Geschichte der Jugend mit einer Übersicht über das Jungsein in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die er unter den Haupttitel Metamorphosen im Zeitraffer stellt. Ihn interessiert die Einpassung der Jugend in die europäische Dienstleistungskultur. Dabei konstatiert er einen Paradigmenwechsel vom Krieger und Arbeiter zum Sportler und Ästheten. Das Bild einer streitbaren Jugend sei in den Medien in zwei Erscheinungsformen präsent: als Streetfighter oder als Friedenkämpfer. Letztere verkörperten das Gewissen der Gesellschaft, während die subkulturellen Randgruppen der Skinheads oder Hooligans vom „Zitat der überlieferten Männerkultur“ lebten. Merkmal der Dienstleistungskultur sei die Modellierung weiblicher und männlicher Jugendkörper. 
Als Konstante des Jungseins nennt Zinnecker die Verankerung der Jüngeren in der vorgefundenen Welt und reflektiert den Wandel dieser Welt und seiner Auswirkungen auf das Jungsein seit 1945. Nach 1945 treten andere Konstrukteure von Jugend auf: die Massenmedien, die Freizeit und Konsumindustrie, das Bildungs- und Wissenschaftssystem – und die Jugendlichen selbst. Zinneckers Beitrag, der mehrfach auf die Einleitung der Herausgeber Bezug nimmt, kann daher auch als das von diesen nicht offerierte Schlusswort gelesen werden. Wenn Zinnecker prägnant und durchaus in kategorischer Absicht formuliert Jugendliche Generationen konstituieren sich in der Gesellschaft über Jugenddiskurse, verweist er damit auf eine in zahlreichen Beiträgen thematisierte und in unterschiedlichen geschichtlichen Erscheinungsformen auftretende Konstante. 
Für die Zeitgeschichte stellt er fest, dass in dem von den Medien seit Jahrzehnten forcierten Diskurs bestimmte Themen durchgehend präsent seien: Gewalt, Sexualität, Kriminalität, Suchtverhalten. Horrorgeschichten, die sich ältere Generationen über die Jugend erzählen, und vermutete Gefahren, die von der Jugend ausgehen, lassen sich – auch dies wurde in der Geschichte der Jugend erkennbar - über die Jahrhunderte hin nachweisen. Auch der von Zinnecker konstatierte “falsche“ Jugenddiskurs, in dem die Jugend lediglich für den nicht ausgesprochenen allgemeinen politisch-gesellschaftlichen Diskurs steht, hat Tradition. Ausführlich geht Zinnecker auf das seit den fünfziger Jahren zu beobachtende Phänomen der Scholarisierung der Jugendphase ein und der Übertragung des einstigen, kulturellen Elitemodells auf (fast) alle Mitglieder der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang macht er auf  Paradoxien in den neuen Jugendbiographien aufmerksam: einerseits die Verlängerung des Bildungsmoratoriums und damit ein späterer Beginn des Erwerbslebens und der Familiengründung und anderseits das Bestehen auf dem Status des nicht mehr abhängigen Jugendlichen. Dies drückt sich auch in der politischen Partizipation, den eigenständigen Wohnformen, der Selbstinitiation und der Gruppeninitiation aus. Darüber hinaus imitieren Erwachsene jugendliche Moden und Lebensformen, so dass sich die Statusdifferenzen zwischen der Postadoleszenz und dem Erwachsensein verwischen. 
Zum Abschluss seiner Phänomenologie des Jungseins in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fragt Zinnecker, ob der beschleunigte Wandel innerhalb kürzester historischer Zeit Momente linearen Voranschreitens enthalte. Er versagt sich eine eindeutige Beantwortung der aufgeworfenen Frage, sieht allerdings empirisch bestimmbare linear verlaufende Entwicklungsstränge für den von ihm beschriebenen Zeitraum: die Tendenz zur Verlängerung der Lebensphase Adoleszenz und ihrer Verschulung bei gleichzeitiger Schrumpfung des Anteils von Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung in einer demographisch alternden Gesellschaft. Er erkennt allerdings – und hierin befindet er sich im Konzens mit den Herausgebern -, dass diese Linearität keine historische Relevanz hat. Daher haben die Herausgeber durchaus zu Recht ein Konzept des linearen, geradlinigen Fortschreitens für ihre Geschichte der Jugend abgelehnt und den Autoren eine eher zyklische Betrachtungsweise historischer Phänomene empfohlen. Dieser zyklische Charakter des Jungseins, den auch Zinnecker für historische Epochen durchaus anerkennt, kann jedoch bestimmte, mit dem Jungsein verbundene Konstanten (biologische Befindlichkeit, jugendliche Liminalität und Unruhe usw.) nicht verkennen. Von einer historischen Anthropologie wäre demnach zu erwarten: die Bestimmung anthropologischer Konstanten und die phänomenale Ausgestaltung dieser Konstanten an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten, die Ermittlung der Bedingungen, die zu unterschiedlichen, variablen Erscheinungsformen führten. Offensichtlich ist eine sozialorientierte Historisierung der Kulturwissenschaft und ihres Ablegers der Historischen (!) Anthropologie für eine Geschichtsschreibung der Lebensalter und der mit ihr verbundenen Geschichte der Generationen weiterhin ein Desiderat. Grundsätzlich aber ist festzustellen: Das von Giovanni Levi und Jean-Claude Schmitt initiierte Experiment, Jugend als historisches Phänomen in einem besonderen kulturwissenschaftlichen Verständnis auf der Ebene der Vorstellungen, Bilder und Diskurse zu thematisieren und von einer Expertengruppe darstellen zu lassen, ist gelungen.   

Der nicht an die konzeptionellen Vorgaben und die editorische Ökonomie gebundene Rezensent wird den Herausgebern und Autoren wahrscheinlich nicht gerecht, wenn er ihnen eine Liste weiterer, abermals 1000 Seiten füllender Themen, entgegenhielte, etwa in dem Stil: Die Jugend der Kreuzzugszeit – Die Jugend in den mittelalterlichen Städten – Die Jugend der reformatorischen Bewegung – Die Jesuiten und die Jugend – Mädchen und Junge Frauen in den evangelischen Damenstiften – Jugendliche Emanzipation und Jugendbewegung usw. Ein generelles Desiderat muss dennoch angesprochen werden: Dass die Korrespondenz zwischen der imaginierten Jugend und der tatsächlichen in weiteren Forschungen eine größere Berücksichtigung erfahre und dass die Kultur der Jugend ergänzt werde durch eine Geschichte der Jugendkultur. Die "Metageschichte" der Jugend wäre demnach zu komplettieren durch ihre Geschichte, die "Metaphysik" durch ihre Physik. 
Zwei kritische Anmerkungen formaler Art sind noch anzubringen. Sie betreffen zunächst die Abbildungen. Diese sind durchgängig von einer Qualität, die es gerade noch ermöglicht die Intentionen der Autoren nachzuvollziehen. Damit kann man sich abfinden. Nicht abfinden kann man sich aber damit, dass ein so umfangreiches und vielgestaltiges Werk ohne Register herausgegeben worden ist. So wird die wünschenswerte Rezeption der einzelnen Studien unnötig erschwert.
 

 

Erfassungsdatum: 16. 06. 2000
Korrekturdatum: 02. 04. 2004