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HBO Datenbank - Projekt

Projektleiter, Anprechpartner: Hesse, Ulrich
Name des Projektes: Vom Schulbuehnenspiel zum Schulfach. Rekonstruktion der Eingliederung darstellenden Spielens in die Schule am Beispiel des Hamburger Schulwesens.
Vorauss. Abschluss: 2002
Anschrift, Institut: Arbeitsstelle zur Erforschung der Hamburger Schul- und Unterrichtsgeschichte
Darstellung des Forschungsvorhabens:

 1.1 Gegenstand der Untersuchung
1.1.1 Status des Faches Darstellendes Spiel in der deutschen Schule 
In der Arbeit wird eine Entwicklung rekonstruiert, die zur Einführung des Faches Darstellendes Spiel (in Bayern Dramatisches Gestalten) in die deutsche Schule ein-geführt hat.
Im Verlauf dieses Prozesses ist das Fach in einer Reihe von Bundesländern (Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen) in das Angebot der Wahl- oder Wahlpflichtbereiche aufgenommen worden, meist alternativ zu Musik und Bildender Kunst. Damit hat Darstellendes Spiel, in regional unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlicher Plazierung in den Stundentafeln, einen diesen Fächern annähernd vergleichbaren Status erhalten
Die Einführung des Faches ist noch nicht abgeschlossen. Denn es gibt kein Bun-desland, das über sämtliche Voraussetzungen für ein reguläres Unterrichtsfach verfügt.
Dazu gehören:
· Vertretung in den Stundentafeln aller Schularten und Schulstufen
· die Existenz von Lehrplänen bzw. Rahmenrichtlinien
· eine institutionalisierte Lehreraus-, Fort- und Weiterbildung
· ein fachkompetent besetztes Referat in der Schulverwaltung
· eine ausreichende Ausstattung der Schulen mit Fachräumen und fachgerechter Technik
Viele Bundesländer erfüllen nur einen Teil der genannten Bedingungen.

1.1.2 Eingrenzung des untersuchten Zeitrahmens
Die Geschichte der Eingliederung darstellenden Spielens in die Schule erstreckte sich über den Zeitraum von den frühen zwanziger Jahren bis in die neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Grundlagen, von denen diese Entwicklung ausgegangen ist, sind jedoch bereits in der Theorie und Praxis der Erziehungsbewegungen im ausgehenden neunzehnten und beginnenden zwanzigsten Jahrhundert zu suchen. Insofern hatten die Untersuchungen bei dieser Zeit anzusetzen.
Bildungsgeschichtlich wird der Untersuchungszeitraum als einheitliche Epoche gesehen:
· Impulse zu einer Einbeziehung darstellenden Spielens in die Schule verweisen auf die Kunsterziehungsbewegung, die Jugendschriftbewegung, die Arbeitsschule, verschiedene Richtungen der Tanz- und Rhytmuserziehung, die Pädagogik der Landerziehungsheime und die Jugendbewegung.
· Die Entwicklung dieser Ansätze bis hin zu einem Unterrichtsfach wird über Jahrzehnte hinweg besonders vom Ziel einer ganzheitlichen Erziehung bestimmt. Dem-nach wird, bezogen auf Darstellendes Spielen, in der Entfaltung und Förderung dar-stellerischer Fähigkeiten eine Möglichkeit zur Kompensation der in der Schule vor-herrschenden kognitiven Lernvorgänge gesehen.
· Unterbrochen wird der Prozess in der Zeit des Nationalsozialismus, allerdings nicht völlig, wie gezeigt werden soll.
· Nach dem Zweiten Weltkrieg werden die genannten Ziele in der Modifikation der Musischen Erziehung bis in die sechziger Jahre weiterverfolgt.
· Auch theaterpädagogische Konzepte, Begründungsmuster und Didaktiken der folgenden Jahre stehen zum Teil unter dem Einfluß dieser Tradition. In Abwandlung oder in Abkehr von ihr verlagern sie Akzente (Laien- und Amateurtheater) oder ent-wickeln Vorstellungen in Oppositionen zur reformpädagogischen Tradition (Spiel-, Theater- und Interaktionspädagogik, Lehr- und Lerntheater, Spiel und Theater als kreativer Prozess).
· Selbst Bewegungen ohne jeden Bezug zur Reformpädagogik wie das Freie Theater in den achtziger Jahren wurden in Begegnungen mit dem Schultheater teilweise unter dem Aspekt einer ganzheitlichen Erziehung integriert.
1.1.3 Inhaltliche Eingrenzung der Untersuchung
Eine Einschränkung des Untersuchungsgegenstandes erweist sich auch aus inhaltlichen Gründen als notwendig. Die Rekonstruktion bezieht sich vornehmlich auf die Entwicklung spielpädagogischer Konzepte, die bei einer grundsätzlich ganzheitlichen Orientierung den Akzent auf ästhetische Bildung setzen, d.h. auf die Entwick-lung darstellerischer Ausdruckfähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen.
Gebunden sind diese Ziele an Arbeitsweisen, die von den Beteiligten aktiven und kreativen Umgang mit theatralen Darstellungsmittlen erfordern. Schultheater in die-sem Verständnis wird meist in der Form von Projekten durchgeführt. In einem länge-ren Prozess entwickelt eine Spielgruppe eine Produktion, die abschließend einem Publikum vorgestellt wird. Dafür sind Lernziele, curriculare Angaben und methodische Hinweise in Richtlinien, Rahmenplänen oder vergleichbaren Vorgaben niedergelegt. Den Stundentafeln nach kann dieser Unterricht im Wahlbereich, Wahlpflicht-bereich oder Pflichtbereich stattfinden.
Um die Untersuchung auf Ansätze und Tendenzen zu konzentrieren, die zu einem Schultheater in dem beschriebenen Sinne geführt haben, werden theatrale Aktivitäten in der Schule nicht berücksichtigt, die in einem anderen Rahmen und/oder mit anderen Zielen stattfinden. Darunter fällt beispielsweise die Verwendung theatraler Mittel in gruppen- oder einzeltherapeutischer Arbeit, ihr Einsatz zur Aufarbeitung bestimm-ter Einzelprobleme in der Gesellschaft, Jugendszene, Politik oder auf anderen Gebieten.
Nicht einbezogen in die Untersuchung sind auch alle historischen Formen des Schultheaters, da sie fast durchweg isolierten Zwecken wie der religiösen Unterwei-sung, Einübung gesellschaftlicher Konventionen, der rhetorischen Schulung dienten oder anderen außerkünstlerischen Zielen untergeordnet waren.
Die Arbeit von Schultheatergruppen, die sich ohne ein erkennbar eigenes Konzept auf die Imitation des professionellen Theaters beschränkt, oder sich mit der unreflek-tierten Nachahmung erfolgreicher Film- oder Fernsehproduktion begnügt, bleibt e-benfalls außerhalb dieser Betrachtungen.
1.1.4 Eingrenzung auf das Beispiel Hamburgs
Im Unterschied zu dem Entwicklungsstand des Faches in den meisten Bundesländern ist in Hamburg der Prozess weiter fortgeschritten. Gemessen an den oben ge-nannten Kriterien, kann er in vielen Bereichen als abgeschlossen gelten.
Dieser im Vergleich mit anderen Bundesländern günstige Entwicklungsstand hat seit längerem Modellcharakter. Andererseits war das Hamburger Schulwesen für An-regungen von außen so weit offen, dass wichtige Entwicklungen von außerhalb nach Hamburg einwirken konnten.
Aus den dargelegten Gründen bot sich eine Konzentration auf die Untersuchung des Hamburger Beispiels an. Sie erlaubt auf der einen Ebene den Verweis auf Entwicklungen, die, häufig von Hamburg angeregt, in anderen Bundesländern ähnlich verlaufen sind, andererseits ermöglicht die Darstellung auch die Beschreibung exter-ner Entwicklungen, denen sich das Hamburger Schulwesen angeschlossen hat.
Das einer Fallstudie vergleichbare Verfahren gibt auch Aufschlüsse darüber, warum in Hamburg die Bemühungen um die Einführung des Faches Darstellendes Spiel in vielen Bereichen besonders erfolgreich waren, in anderen dagegen langsamer vorangingen als anderswo oder sogar eingestellt worden sind.

benutzte Materialien:

 · Protokolle der Kunsterziehungstage (Dresden, Weimar, Hamburg)
· Vorträge und Schriften Hamburger Schulreformer (Lichtwark, Götze, Wolgast, Ernst u.a.)
· Berichte der "Lehrervereinigung für die Pflege der künstlerischen Bildung in Hamburg" (STA HH)
· Akten und Protokolle des Schulbühnenausschusses der "Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesen" (STA HH und Ge-schäftsstelle der GEW)
· Akten des Referates Darstellendes Spiel der "Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (Archiv BfSJB)
· Akten der "LAG Darstellendes Spiel an den Schulen Hamburgs" (LAG-Vorstand)
· Akten der "BAG für das Darstellende Spiel in der Schule" (Schultheaterstudie Ffm. und Privatakten)
· Akten der Körber-Stiftung (Archiv der Körberstiftung)
· Lehrpläne, Rahmenrichtlinien, Beiträge zu Fachzeitschriften und -literatur, Spieltexte
· Dokumentationen von Fachtagungen, -kongressen und Schultheatertreffen
· Aufzeichnungen von Interviews mit Beteiligten

Status:

 Dissertation
 
 

Erfassungsdatum: 14. 01. 2002
Korrekturdatum: 02. 04. 2004