Die Seiten werden nicht mehr aktualisiert – hier finden Sie nur archivierte Beiträge.
Logo BBF ---
grün und orangener Balken 1   grün und orangener Balken 3

HBO Datenbank - Projekt

Projektleiter, Anprechpartner: Uhlig, PD Dr. Christa
Name des Projektes: Sozialisationserfahrungen in der UdSSR und ihre Wirkungen auf Bildungspolitik und Pädagogik in der SBZ und DDR
Vorauss. Abschluss: 03/1999
Anschrift, Institut: Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Allgemeine Pädagogik, Abt. Historische Erziehungswissenschaften, Geschwister-Scholl-Str. 6, 10099 Berlin, Tel. (030) 2093 4129
Darstellung des Forschungsvorhabens:  

Im Projekt werden bildungspolitisch und paedagogisch relevante Aspekte des Abhaengigkeitsverhaeltnisses der SBZ und fruehen DDR von der UdSSR untersucht. Das Forschungsinteresse gilt primaer der personalen,
individuell-subjektiven Dimension dieses Beziehungsgefueges und ihrer Bedeutung fuer bildungspolitische Entwicklungen. Die biographisch- historischen Analysen umfassen jene Personengruppen, die entweder in der Emigration oder in der Kriegsgefangenschaft unter unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen und jeweils spezifischen Sozialisationssituationen laengere Lebenszeiten in der UdSSR
verbringen mussten, nach 1945 in die SBZ bzw. DDR kamen und in bil-
dungspolitischen Funktionen oder in anderen paedagogischen Berufs-
feldern taetig waren. Gefragt wird nach Wirkungen gruppenspezifischer Sozialisation und individueller biographischer Erfahrungen auf die Etablierung der politischen, gesellschaftlichen und paedagogischen Verhaeltnisse in der SBZ und DDR, nach Partizipations-, Einfluss- und Handlungsmoeglichkeiten sowie nach der Rolle bei der Konstituierung des Bildungswesens in der DDR. 

Die Verknuepfung kollektivbiographischer und einzelbiographischer Forschungen erwies sich als geeigneter Ansatz, Sozialisationserfahrungen in der UdSSR zu erfassen, idealtypisch zu differenzieren und unter wirkungsgeschichtlichen Aspekten zu untersuchen. Damit koennen nicht nur Aussagen zum Abhaengigkeitsverhaeltnis der SBZ und fruehen DDR von der UdSSR fuer den Bereich der Bildungspolitik und Paedagogik geprueft, sondern zugleich personale Zusammenhaenge dieses Beziehungsgefueges aufgedeckt werden. Die Untersuchung geht von der durch die bisherigen Ergebnisse bestaetigten Annahme aus, dass allen 1945 und in den folgenden Jahren aus der UdSSR zurueckgekehrten Personen - Emigranten und Kriegsgefangene - trotz gravierender politischer, biographischer und psychosozialer Differenzen praegende biographische Erfahrungen und Brueche gemeinsam waren, die sich auf die Gestaltung individueller und gesellschaftlicher Lebenswelten auswirkten. 

Nachdem in der ersten Forschungsphase das Material fuer die Untersuchung recherchiert und aufbereitet wurde, methodische Ansaetze entwickelt und an Untersuchungsexempel geprueft sowie erste biographische und wirkungsgeschichtliche Resultate gewonnen und publiziert werden konnten, stehen im Zentrum der zweiten Phase vor allem Fragen 

nach idealtypischen Sozialisationsmustern einerseits und individuell differenzierten biographischen Erfahrungen andererseits, nach Auswirkungen auf die Entwicklung der paedagogischen Verhaeltnisse in der SBZ und DDR, auf persoenliche und kollektive Denk- und Verhaltensstrukturen sowie auf die politische Kultur und Erziehung, nach in der UdSSR erzeugten bzw. erworbenen paedagogischen Wissensbestaenden- das gilt besonders fuer die Ausarbeitung bildungspolitischer Konzepte fuer Nachkriegsdeutschland im Nationalkomitee "Freies Deutschland"unter der Beteiligung kriegsgefangener Lehrer- und ihrem Einfluss auf Inhalte der Bildung, nach Mustern und Differenzen im Umgang mit der "Erfahrung Sowjetunion", nach der Konsistenz von Sozialisationserfahrungen, nach informellen und formellen Ebenen von Argumentations- und Handlungsstrukturen im Verhaeltnis zur Sowjetunion und ihrer Paedagogik. 

Von der Analyse dieser Prozesse wird Aufschluss darueber erwartet, welche Funktion dem aus der UdSSR zurueckgekehrten paedagogischen Personal bei der Konstituierung und Entwicklung von Bildungspolitik und
Paedagogik zukam, welche Partizipations-, Einfluss- und Handlungsmoeglichkeiten die einzelnen Personen und /oder Personengruppen hatten und welche Rolle sie in der Sowjetisierungskampagne Anfang der fuenfziger Jahre spielten. Das Forschungsinteresse gilt vor allem der Frage, ob und auf welche Weise Sozialisationserfahrungen dieser Personen und Personengruppen fuer die Bildungspolitik und Paedagogik konstituierend wurden und somit erneut spezifische Sozialisationsbedingungen fuer die eigenen und nachfolgenden Generationen reproduzierten. 

Die Untersuchung soll damit zur Erklaerung eines historischen Zeitraums beitragen, in dem sich grundlegende gesellschaftliche Umbrueche und Veraenderungen ereigneten, denen, bedingt durch die politische Systemwende in den osteuropaeischen Laendern, zunehmend auch bildungsgeschichtliches Interesse entgegengebracht wird.
Neue bzw. erst jetzt zugaengliche Quellen fordern nicht nur einen Perspektiv-wechsel, sondern auch die Pruefung bisheriger Erkenntnisse ueber die Ausgangslage fuer die Konstituierung der Bildungspolitik und Paedagogik. Im Rahmen dieser generellen Zielsetzung des Projektes fordern die Ergebnisse der bisherigen Quellenerschliessung und jetzt schon vorliegende Forschungsresultate inhaltliche Modifizierungen und methodische Ergaenzungen. 

Waehrend sich die Annahme allgemeiner und uebergreifender psychosozialer und politischer lebensgeschichtlicher Praegung durch die "Erfahrung Sowjetunion" einerseits bestaetigt hat, zeigen sich andererseits Differenzen, die mit diesem globalen Raster nicht ausreichend erklaert werden koennen. Das gilt sowohl fuer Unterschiede zwischen den idealtypisch angenommenen Gruppenerfahrungen und ihren wirkungsgeschichtlichen Konsequenzen als auch fuer individuelle biographische Erfahrungen innerhalb der Gruppen. Parallel zur Vervollstaendigung der Quellen beduerfen diese Zusammenhaenge und Differenzen in der zweiten Forschungsphase bei der Auswertung des Materials der historischen und systematischen Pruefung sowie der theoretischen und methodischen Vergewisserung. 

benutzte Materialien:  

Die Untersuchung stuetzt sich primaer auf Archivrecherchen, dabei besonders auf Materialien zur Emigration in der UdSSR (offizielle Emigrantenpolitik, Zeitdokumente, subjektive Reflexionen- Erinnerungen, autobiographische Texte), auf Materialien zur Kriegsgefangenschaft sowie auf wirkungsgeschichtliche Belege fuer die Zeit nach 1945 in der SBZ und DDR. Folgende Archive wurden ausgewertet: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR, Russisches Zentrum zur Erforschung von Dokumenten zur neuesten Geschichte (Moskau); Landesarchive Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thueringen; Universitaetsarchive Leipzig, Halle, Jena; Bibliothek fuer bildungsgeschichtliche Forschung, Archiv; Bundesarchiv, Bestand Volksbildung (SBZ und DDR). Die Archivmaterialien werden durch Literaturrecherchen sowie durch Befragungen von Zeitzeugen und Interviews ergaenzt. 

Status: (Dissertation, Habilitationsschrift ... ) 

DFG-Projekt: Publikationen 

 

Erfassungsdatum: 10. 06. 1999
Korrekturdatum: 02. 04. 2004