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HBO Datenbank - Bericht

Autor: Gehlen, Gabriele
Titel: Vernunft fürs Volk. Friedrich Eberhard von Rochow im Aufbruch Preussens
Erscheinungsjahr: 2001
Text des Beitrages:
 

Zum November des Jahres 2000 kündigte ein Aufsatz von Hanno SCHMITT und Frank TOSCH im "PreussenJahrBuch" (Berlin 2000, S. 88-89) die oben genannte Ausstellung an. Ein Foto darin zeigt das Rochowsche Schloss nach der Sanierung und den Abdruck einer Radierung von CHODOWIECKI, der den Hausherren im Jahre 1777 vorstellt. Das Porträt zeigt ihn im linken Profil mit preußischem Zopf, im Kleid des Edelmanns der Friderizianischen Zeit und geschmückt mit den höchsten Orden des Landes Brandenburg-Preußen. Die Radierung ist als Tondo angelegt, der Name Friedrich Eberhard von ROCHOW, Erbherr auf Reckahn, steht im Halbkreis darum herum, darunter ist dieser mit zwei üppigen Eichenlaubzweigen geschmückt, unter denen ein rechteckiges Relief unter einem Baum eine Frau mit Kind zeigt. Links da-neben, dahin hineinragend, steht aufgeschlagen von Rochows "Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen. 1776". Das Buch wiederum steht auf zwei Briefen.
Symbolisch verdichtet die Radierung die Lebensposition eines ungewöhnlichen Menschen des 18. Jahrhunderts und Teile der Inhalte seines Wirkens, die ihn in der Geschichte der Pädagogik zum unvergessenen Autoren und Schulreformer werden ließen. In den Bibliotheken für pädagogisch/erziehungswissenschaftliche Literatur ist dieses und sind weitere Werke des vielseitig auch schriftstellerisch engagierten Autors mit Verständnis für sein gesamtes Werk und Anerkennung der Person ge-sammelt worden. Eine Gesamtsicht von Werk und Person mit Würdigung ihrer Zeit ist jetzt durch die Arbeit von Hanno SCHMITT und Frank TOSCH neu initiiert worden.
Der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht wurde das Ergebnis ihres Engagements mit der Ausstellungseröffnung "Vernunft fürs Volk" am Freitag, dem 3. August 2001 um 17.00 Uhr im Schloss Reckahn. Die Einladung dazu zeigte, dass die Konzipie-rung und Herstellung der Ausstellung zur Würdigung des Lebenswerkes von RO-CHOWS mit der Übergabe des renovierten Schlosses Reckahn verbunden war. So wurden an diesem Tag zwei bemerkenswerte Leistungen bekannt und zugänglich gemacht. Am nächsten Tag feierte das Dorf Reckahn seinen 650. Geburtstag mit einem Festumzug, in dem die heutigen Reckahner Bürger einige Stationen ihrer Geschichte in Erinnerung riefen und in einer Festschrift "Reckahn. Das Rochowsche Gutsdorf in der Mark. Geschichte und Geschichten aus dem Dorf Reckahn verfasst zum 650. Geburtstag der Ersterwähnung 1351-2001" (Reckahn 2001) darstellten.
Ein kleines Dorf des heute ahistorischen Kreises Potsdam-Mittelmark des Landes Brandenburg, das seinerzeit zum "Zauchischen Creis" westlich von Potsdam und Berlin und südwestlich von Brandenburg gehörte, war unter einem strahlend heißen Augusthimmel Anziehungspunkt für dreitägige Festivitäten mit vielen Gästen ge-worden. Das der Einladung beiliegende Faltblatt zeigte neben schönen Fotografien des Rochowschen Schlosses, die Rochowsche Schule, das historische Klassenzim-mer mit Lehrer BRUNS, die reizvolle Umgebung, den Abdruck von originalen Titelblättern mit einer Auswahl zur Bandbreite seines schriftstellerischen Wirkens, die alte "Reise Charte von Berlin über Potsdam nach Rekahne unweit Brandenburg" nebst einem modernen Kartenausschnitt, der darüber informierte, wie leicht heutzutage die ehedem mühevolle Kutschenfahrt dorthin mit der Bundesautobahn BAB 2 möglich ist. Aber auch öffentliche Verkehrsmittel wie Bundesbahn und Bus bringen pünktlich und zuverlässig zum Ziel, wie Frau Professor Dr. Christine MAYER versicherte, als sie am Ende der Feierlichkeiten den schönen Sommerabend auf dem Schlossplatz mit dem Blick auf den Renaissancegiebel genoss, der vom Vorgänger des jetzigen barocken Herrenhauses übrig geblieben ist.
Am Eingang des Schlosshofes konnten sich Besucher davon überzeugen, dass das Kopfsteinpflaster blank geputzt war, auf dem viele Reihen von Bänken auf zahlreiche Besucher warteten. Getränkestände nährten die Erwartung, dass ein Fest in froher Runde stattfinden würde. Am Eingang des Schlosshofes forderte eine freundliche junge Dame zum Eintrag in ein Besucherbuch auf. Eine alte Tradition des Hauses ROCHOW wurde damit in Erinnerung gebracht, die es heute ermöglicht, Feinarbeit bei der historischen Erforschung der Wirkungen der Rochowschen Ideen und Handlungen zu leisten.
Im Schlosse selbst wurde bis zur letzten Minute gearbeitet. Die Qualität der Aus-stellung mit ihrer Fülle von originellen Ideen nebst dem beachtlichen Ausstellungs-katalog, in dem 26 Autorinnen und Autoren in den Kapiteln "Der aufgeklärte Guts-besitzer", "Der Pädagoge" und "Wirkungsgeschichte" den Reichtum des Rochow-schen Lebens ausbreiten, das bis heute beeindruckt, zeigt, dass es ein lohnendes Un-ternehmen ist, Friedrich Eberhard von ROCHOW auf den Sockel zu stellen, der ihm gebührt. Katalog und Ausstellung beweisen, dass das gelungen ist.
Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Wolfgang DIETZ folgten Ansprachen von Dr. Christoph HELM, Staatsekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Dr. Wolfgang ILLERT, Geschäftsführer der Brandenburgischen Schlössergesellschaft und Herrn Otto Günther BECKMANN, Vorsitzender des Fördervereins Historisches Reckahn e.V. Die Festvorträge hielten Prof. Dr. Hanno SCHMITT und Dr. Frank TOSCH. 
Ein Besuch der Ausstellung "Vernunft fürs Volk" und die Vertiefung in den gleichnamigen Ausstellungskatalog werden nachdrücklich empfohlen. 
Gabriele GEHLEN

Erfassungsdatum: 14. 01. 2002
Korrekturdatum: 02. 04. 2004