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Zum November des Jahres 2000
kündigte ein Aufsatz von Hanno SCHMITT und Frank TOSCH im "PreussenJahrBuch"
(Berlin 2000, S. 88-89) die oben genannte Ausstellung an. Ein Foto darin
zeigt das Rochowsche Schloss nach der Sanierung und den Abdruck einer Radierung
von CHODOWIECKI, der den Hausherren im Jahre 1777 vorstellt. Das Porträt
zeigt ihn im linken Profil mit preußischem Zopf, im Kleid des Edelmanns
der Friderizianischen Zeit und geschmückt mit den höchsten Orden
des Landes Brandenburg-Preußen. Die Radierung ist als Tondo angelegt,
der Name Friedrich Eberhard von ROCHOW, Erbherr auf Reckahn, steht im Halbkreis
darum herum, darunter ist dieser mit zwei üppigen Eichenlaubzweigen
geschmückt, unter denen ein rechteckiges Relief unter einem Baum eine
Frau mit Kind zeigt. Links da-neben, dahin hineinragend, steht aufgeschlagen
von Rochows "Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen. 1776".
Das Buch wiederum steht auf zwei Briefen.
Symbolisch verdichtet die
Radierung die Lebensposition eines ungewöhnlichen Menschen des 18.
Jahrhunderts und Teile der Inhalte seines Wirkens, die ihn in der Geschichte
der Pädagogik zum unvergessenen Autoren und Schulreformer werden ließen.
In den Bibliotheken für pädagogisch/erziehungswissenschaftliche
Literatur ist dieses und sind weitere Werke des vielseitig auch schriftstellerisch
engagierten Autors mit Verständnis für sein gesamtes Werk und
Anerkennung der Person ge-sammelt worden. Eine Gesamtsicht von Werk und
Person mit Würdigung ihrer Zeit ist jetzt durch die Arbeit von Hanno
SCHMITT und Frank TOSCH neu initiiert worden.
Der Öffentlichkeit
zur Kenntnis gebracht wurde das Ergebnis ihres Engagements mit der Ausstellungseröffnung
"Vernunft fürs Volk" am Freitag, dem 3. August 2001 um 17.00 Uhr im
Schloss Reckahn. Die Einladung dazu zeigte, dass die Konzipie-rung und
Herstellung der Ausstellung zur Würdigung des Lebenswerkes von RO-CHOWS
mit der Übergabe des renovierten Schlosses Reckahn verbunden war.
So wurden an diesem Tag zwei bemerkenswerte Leistungen bekannt und zugänglich
gemacht. Am nächsten Tag feierte das Dorf Reckahn seinen 650. Geburtstag
mit einem Festumzug, in dem die heutigen Reckahner Bürger einige Stationen
ihrer Geschichte in Erinnerung riefen und in einer Festschrift "Reckahn.
Das Rochowsche Gutsdorf in der Mark. Geschichte und Geschichten aus dem
Dorf Reckahn verfasst zum 650. Geburtstag der Ersterwähnung 1351-2001"
(Reckahn 2001) darstellten.
Ein kleines Dorf des heute
ahistorischen
Kreises Potsdam-Mittelmark des Landes Brandenburg, das seinerzeit zum "Zauchischen
Creis" westlich von Potsdam und Berlin und südwestlich von Brandenburg
gehörte, war unter einem strahlend heißen Augusthimmel Anziehungspunkt
für dreitägige Festivitäten mit vielen Gästen ge-worden.
Das der Einladung beiliegende Faltblatt zeigte neben schönen Fotografien
des Rochowschen Schlosses, die Rochowsche Schule, das historische Klassenzim-mer
mit Lehrer BRUNS, die reizvolle Umgebung, den Abdruck von originalen Titelblättern
mit einer Auswahl zur Bandbreite seines schriftstellerischen Wirkens, die
alte "Reise Charte von Berlin über Potsdam nach Rekahne unweit Brandenburg"
nebst einem modernen Kartenausschnitt, der darüber informierte, wie
leicht heutzutage die ehedem mühevolle Kutschenfahrt dorthin mit der
Bundesautobahn BAB 2 möglich ist. Aber auch öffentliche Verkehrsmittel
wie Bundesbahn und Bus bringen pünktlich und zuverlässig zum
Ziel, wie Frau Professor Dr. Christine MAYER versicherte, als sie am Ende
der Feierlichkeiten den schönen Sommerabend auf dem Schlossplatz mit
dem Blick auf den Renaissancegiebel genoss, der vom Vorgänger des
jetzigen barocken Herrenhauses übrig geblieben ist.
Am Eingang des Schlosshofes
konnten sich Besucher davon überzeugen, dass das Kopfsteinpflaster
blank geputzt war, auf dem viele Reihen von Bänken auf zahlreiche
Besucher warteten. Getränkestände nährten die Erwartung,
dass ein Fest in froher Runde stattfinden würde. Am Eingang des Schlosshofes
forderte eine freundliche junge Dame zum Eintrag in ein Besucherbuch auf.
Eine alte Tradition des Hauses ROCHOW wurde damit in Erinnerung gebracht,
die es heute ermöglicht, Feinarbeit bei der historischen Erforschung
der Wirkungen der Rochowschen Ideen und Handlungen zu leisten.
Im Schlosse selbst wurde
bis zur letzten Minute gearbeitet. Die Qualität der Aus-stellung mit
ihrer Fülle von originellen Ideen nebst dem beachtlichen Ausstellungs-katalog,
in dem 26 Autorinnen und Autoren in den Kapiteln "Der aufgeklärte
Guts-besitzer", "Der Pädagoge" und "Wirkungsgeschichte" den Reichtum
des Rochow-schen Lebens ausbreiten, das bis heute beeindruckt, zeigt, dass
es ein lohnendes Un-ternehmen ist, Friedrich Eberhard von ROCHOW auf den
Sockel zu stellen, der ihm gebührt. Katalog und Ausstellung beweisen,
dass das gelungen ist.
Nach der Begrüßung
durch Bürgermeister Wolfgang DIETZ folgten Ansprachen von Dr. Christoph
HELM, Staatsekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung
und Kultur des Landes Brandenburg, Dr. Wolfgang ILLERT, Geschäftsführer
der Brandenburgischen Schlössergesellschaft und Herrn Otto Günther
BECKMANN, Vorsitzender des Fördervereins Historisches Reckahn e.V.
Die Festvorträge hielten Prof. Dr. Hanno SCHMITT und Dr. Frank TOSCH.
Ein Besuch der Ausstellung
"Vernunft fürs Volk" und die Vertiefung in den gleichnamigen Ausstellungskatalog
werden nachdrücklich empfohlen.
Gabriele GEHLEN
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