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Zum dritten Mal in Folge hieß
die Berliner Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung die nunmehr
seit fünf Jahren bestehende Nachwuchstagung der Sektion Historische Bildungsforschung
in ihren Räumen willkommen, und auch in diesem Jahr gab es für
die Teilnehmer wenig zu verlieren und viel zu gewinnen. Damit sei nicht nur
auf den erstmals vergebenen Nachwuchspreis des Julius-Klinkhardt-Verlages
hingewiesen, sondern in erster Linie die bewährte Rahmung der Veranstaltung
hervorgehoben, die der Tagung schon in der Vergangenheit große Anerkennung
eingebracht hat (vgl. den Bericht von Andreas KRAAS im Rundbrief 1/2001).
Jörg-W. LINK, der die Nachwuchstagung wieder organisiert hatte und gemeinsam
mit Heidemarie KEMNITZ und Gisela MILLER-KIPP moderierte, begrüßte
mit Herrn RÜBSAAT vom NDR und Andreas KLINKHARDT unter den Anwesenden
auch Vertreter der außeruniversitären Öffentlichkeit und hob
das gestiegene Interesse an der Tagung hervor. Derart eingestimmt, konnten
dann die folgenden acht Referate gehört und diskutiert werden:
Knut ENGELER (Oldenburg): Untersuchungen zur Praxis des Geschichtsunterrichts
an höheren Schulen Deutschlands (1918-1933); Florian BERNSTORFF (Flensburg):
Evolutionstheorien und pädagogisches Denken; Andreas LEHMANN-WERMSER
(Hannover): Musikunterricht im Freistaat Braunschweig 1928-1938; Corinna M.
DARTENNE (Lüneburg): Lange Wellen im Bildungs- und Wirtschaftswachstum
– ein Vergleich; Ruth HEINRICHS (Düsseldorf): Jüdische Volksschulen
im Regierungsbezirk Düsseldorf 1820-1942; Daniel WRANA (Giessen): Erwachsenenbildung
und/oder/durch den Nationalsozialismus. Aspekte einer historischen Diskursanalyse;
Ingo ESER (Berlin): Schule im ‚Volkstumskampf’. Das Schulwesen der deutschen
Minderheit in Polen 1918-1939 und Anke KLARE (Potsdam): Die deutschen Heimschulen
1941-1945.
Mit Ausnahme des Lehrforschungsprojektes, über welches Daniel WRANA
berichtete, handelte es sich bei allen Beiträgen um Dissertationsvorhaben
in verschiedensten Stufen der Bearbeitung. Die ersten Vorträge waren
Referenten (ENGELER, BERNSTORFF) vorbehalten, die bereits im Vorjahr über
ihre Arbeiten berichtet hatten. Beide betonten, dass ihnen die im letzten
Jahr erhaltenen Ratschläge vor allem hinsichtlich der sinnvollen Begrenzung
der Fragestellung, der Quellenwahl, aber auch des zu bearbeitenden Zeitraums
und Untersuchungsgebietes von Nutzen waren. Da von vornherein neben inhaltlichen
auch arbeitstechnische Probleme thematisiert wurden, herrschte ein produktives
Klima, das der Sitzung auch im weiteren Verlauf erhalten blieb. Dabei sorgte
die große Varianz der Themen, Fragestellungen und forschungsmethodischen
Ansätze für einen spannungsreichen Diskussionsverlauf. Den zum Teil
neuen und ungewöhnlichen Methoden der Datenerhebung, -auswertung und
-interpretation (LEHMANN-WERMSER, DARTENNE, WRANA) war eine rege Be-sprechung
garantiert, mit großem Interesse wurde jeweils auch die zur Grundlage
der Arbeiten genommene Quellenauswahl aufgenommen und wo möglich sachkundig
ergänzt bzw. begrenzt.
Dass die erschlossene Quellengrundlage eines bildungshistorischen Projektes
für den Erfolg einer Arbeit von großer Bedeutung ist, bewies
die anlässlich der Nachwuchstagung mit dem Julius-Klinkhardt-Preis prämierte
Arbeit von Gabriele KREMER „Am Ende der Erziehungsweisheit. Die pädagogisch-psychiatrische
Behandlung ‚psychopathischer’ Fürsorgezöglinge in der Weimarer
Republik am Beispiel des Heimes für weibliche Psychopathen in Hadamer“.
Zuversichtslos sei sie am Beginn ihrer Arbeit zunächst mit einer Fülle
von Insassenakten konfrontiert gewesen, so Gabriele KREMER. „Die Kisten“ erwiesen
sich mit der Zeit indessen als einmaliger Aktenbestand, dessen vorbildliche
Auswertung ausschlaggebend für die Prämierung war.
Neben der Gelegenheit zur Präsentation des eigenen Projektes erhielten
die Teilnehmenden auch auf der diesjährigen Nachwuchstagung wiederholt
wertvolle „technische“ Hinweise und Hilfestellungen. Darüber hinaus bestand
selbstverständlich die Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch über
einen tendenziell einsamen Arbeitsprozess. So konnten viele Gespräche
wie gewohnt auch nach dem Ende der Sitzung in geselligem Kreis fortgesetzt
werden. In Zukunft soll die Nachwuchstagung in zweijährigem Turnus abgehalten
werden, und zwar immer im September des Jahres, in dem die Sektion Historische
Bildungsforschung nicht tagt.
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