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Im Rahmen des diesjährigen
Forums junger Bildungshistoriker am 27. September 2002 wurde zum ersten
Mal der Julius-Klinkhardt-Preis zur Förderung des Nachwuchses in der
Historischen Bildungsforschung verliehen.
Den mit 500 € dotierten Preis erhielt Frau Dr. Gabriele KREMER für
ihre Arbeit Am Ende der „Erziehungsweisheit“. Die pädagogisch-psychiatrische
Behandlung `psychopathischer` Fürsorgezöglinge in der Weimarer Republik
am Beispiel des „Heims für weibliche Psychopathen“ in Hadamar. In: Jahrbuch
für Historische Bildungsforschung. Band 7. Bad Heilbrunn/Obb. 2001,
S. 215-238.
Die Laudatio hat folgenden Wortlaut:
„Ausgehend von einem Exempel, das die Diagnose „Psychopathie“ erklärt,
beschreibt die Autorin den Ansatz der Psychopathenfürsorgebewegung, der
in der pädagogisch-psychiatrischen Behandlung eigentlich Nicht-Erziehbarer
bestand. Sie konstatiert für die Programmatik der Psychopathenfürsorge
eine Ambivalenz, die durch den Ruf nach „rassenhygienisch motivierter Verfolgung
der vermeintlich Abnormen“ einerseits und „Forderungen einer differenzierten
heilpädagogischen Hilfe zum Wohle des Individuums“ andererseits gekennzeichnet
war. Vor diesem Hintergrund wird für das Psychopathenheim in Hadamar
untersucht, welchem Selbstverständnis diese Anstalt folgte und welche
Praxis sie hervorbrachte.
Die Ausführungen basieren auf der Analyse von 290 Krankenakten ehemaliger
Insassinnen, die neben Berichten über deren Verhalten auch Fotografien,
Zeugnisse, Gutachten, Briefe von Eltern und nicht zuletzt Briefe der Mädchen
selbst enthalten. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, diesen einmaligen
Aktenbestand auszuwerten. Angefangen von Belegstücken für die
weitgehend pädagogische Zielsetzung (sittliche Hebung der Zöglinge),
über die Einweisungsgründe bis hin zur Diagnosepraxis und den Behandlungsmustern,
kann sie zeigen, dass die „Hadamarer Version der Psychopathenfürsorge“
sich „lediglich als Erweiterung etablierter Methoden zur sozialen Disziplinierung“
erwies und das medizinische Paradigma die Legitimation von Maßnahmen
erlaubte, die die pädagogische (und strafrechtliche) Diskussion längst
tabuisiert hatte.
Mit seiner Ausleuchtung des Grenzbereichs zwischen Sozialpädagogik
und Medizin liefert der Beitrag eine ungemein wertvolle Bereicherung des bildungshistorischen
Wissens um die Pädagogik der Weimarer Republik, die in der Psychopathenfürsorge
ein neues Feld erzieherischen Handelns entdeckte.“
Die Laudatio und Fotos von der Preisverleihung stehen online auf den HBO-Seiten
unter http://www.bbf.dipf.de/hbo/tagung/2002/tag0007.htm.
Julius-Klinkhardt-Preis
zur Förderung des Nachwuchses in der Historischen Bildungsforschung
Zweiter Wettbewerb
Der Preis wurde erstmals im Rahmen der Nachwuchstagung am 27.
September in der BBF in Berlin verliehen. Ihn erhielt Dr. Gabriele KREMER
(Gießen), vgl. oben und http://www.bbf.dipf.de/hbo/tagung/2002/tag0007.htm.
Der Preis ist mit 500 Euro dotiert.
Er wird zum zweiten Mal im Rahmen der Jahrestagung der Sektion im September
2003 in Ichenhausen verliehen.
Wir rufen hier zum Wettbewerb um diesen Preis auf.
Preisvorschläge reichen Sie bitte bis zum 30. Mai 2003 bei der Vorsitzenden
der Sektion ein. Die Modalitäten sind, wie vordem (vgl. Rundbrief 1/2001,
S. 13), die folgenden:
· Es soll sich um materiell und/oder methodologisch und/oder perspektivisch
innovative Arbeiten zur Historischen Bildungsforschung handeln.
· Eingereicht werden können veröffentlichte Arbeiten
oder begutachtete unveröffentlichte Manuskripte (Magister-, Diplomarbeiten,
Dissertationen); im Falle nicht veröffentlichter Manuskripte müssen
zwei Gutachten von einschlägig arbeitenden Hochschullehrern vorgelegt
werden.
· Die Verfasser der Arbeit sollen nicht über 40 Jahre alt sein.
Die prämierten Arbeiten sollen auf der Nachwuchstagung der Sektion
vorgestellt werden.
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