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Zu den Grundaussagen und Grundüberzeugungen
der Erziehungswissenschaft ge-hört, dass die Familie primäre pädagogische
Instanz und von entscheidender Bedeu-tung für die Bildung (Personagenese
und Enkulturation) und die gesellschaftliche Platzierung des Individuums sei.
Entsprechend umfang- und facettenreich ist die zu-gehörige Forschung.
Kindheits- und Jugendforschung, Kulturanthropologie, Sozio-logie und Psychologie,
Biographie-, Lebenslauf- und Geschlechterforschung nehmen die Familie unter
jeweils eigener Perspektive ins Visier. Im Unterschied zur gegen-wartsbezogenen
Forschung auch in der Erziehungswissenschaft hat sich jedoch in der Historischen
Bildungsforschung noch kein entsprechendes Forschungsfeld etab-liert. Es liegt
eine Vielzahl einzelner Forschungen, jedoch kein historisch profiliertes und
diskursiv verbundenes Forschungssegment vor. Ein solches Segment ist wün-schenswert.
Wir rufen daher zur Gründung eines Arbeitskreises „Historische Famili-enforschung“
innerhalb der Sektion Historische Bildungsforschung auf.
Der Arbeitskreis will sich zur Aufgabe machen, Forschung zur Familie unter
bil-dungshistorischem Aspekt sowohl zu bündeln als auch anzuregen. Das
umfasst histo-rische Familienforschung und historische Sozialisationsforschung
in realhistori-schem wie im ideengeschichtlichen Zuschnitt. In den historischen
Blick genommen werden (sollen) die politische, die ökonomische, die
soziale und die kulturelle Lage von „Familie“ als gesellschaftlicher Instanz
von Erziehung, Bildung und Sozialisati-on. Zu erforschen sind darunter die
Formen, Funktionen und Strukturen von Familie im historischen Prozess von
Bildung und Erziehung. Die zeitliche Perspektive des-sen reicht über
die Kulturgeschichte hinaus und in die menschliche Gattungsge-schichte hinein.
Das skizzierte Forschungsfeld ist offen für Mikro- und für Makrostudien,
für die historische Beschreibung und die historisch-systematische Analyse
von Prozessen wie für die historische Rekonstruktion von Fällen.
In diesem Forschungsfeld liegen viele Desiderata, etwa: die historische Überprüfung
des Duals von vormoderner Großfamilie versus intimer, moderner Kleinfamilie;
Art und Qualität familialer Bin-nenbeziehungen; statusbedingte und statusgenerierende
Familienzyklen; Familien-ideale und sozio-kultureller Diskurs zur Familie
u.a.
Der Arbeitskreis Historische Familienforschung versteht sich interdisziplinär.
Ne-ben den (Bildungs)Historikern sind ausdrücklich auch einschlägig
forschende Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler etwa aus Soziologie,
Psychologie, Anthropo-logie und den Literaturwissenschaften zur Mitarbeit
eingeladen. Der Arbeitskreis soll auf der Jahrestagung der Sektion für
Historische Bildungsforschung 2003 (Ichenhau-sen, 14.–17. Sept.) gegründet
werden.
Interessenten können sich gerne vorab bei Carola GROPPE (s.u.) melden.
Der Initiativkreis „Historische Familienforschung“:
· Prof. Dr. Gisela MILLER-KIPP, Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik,
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsstr. 1,
40225 Düsseldorf, e-mail: miller@phil-fak.uni-duesseldorf.de
· PD Dr. Carola GROPPE, Institut für Pädagogik , GA 1/142,
Ruhr-Universität Bo-chum 44780 Bochum, e-mail: c.groppe@t-online.de
· Dr. Hans MALMEDE, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf,
Universitätsstraße 1, 40225 Düsseldorf, e-mail: malmede@phil-fak.uni-duesseldorf.de
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