Autor: | Mitgau, Wolfgang, Goseberg 34, 37603 Holzminden |
Titel: | Das Archiv des Landschulheims am Solling |
Text des Beitrages: |
Das Archiv des
Landschulheims am Solling
von Wolfgang Mitgau
Das Archiv des Landschulheims am Solling ist eine Dokumentation seiner Geschichte. Deshalb sei zu dieser Geschichte einiges vorangeschickt. Vier Mitarbeiter von Hermann Lietz, die am Deutschen Landerziehungsheim in Ilsenburg tätig waren, gründeten 1909 das Landschulheim am Solling. Wie zuvor Gustav Wyneken, Paul Geheeb, Martin Luserke, Gustav Marseille sich von Lietz getrennt und eigene Schulen gegründet hatten, so verließen ihn auch die vier Ilsenburger Alfred Kramer, Theophil Lehmann, Gerhard Viebrock und Gerhard Zimmermann. Sie gründeten auf einem großzügig bemessenen Gelände im Wesertal am Rande des Sollings bei Holzminden mit Hilfe von Schülereltern ein neues Heim. Die Lietzsche Pädagogik wurde fortgeführt, in der die eigene Landwirtschaft und die Werkstätten ebenso zum Heimleben gehörten wie Morgenlauf und Wanderungen. Allerdings maß man der Schulbildung größere Bedeutung bei, was in der Namensgebung Land-schul-heim zum Ausdruck kam. In ganz besonderer Weise widmete man sich der Pflege des Theaterspiels und der Musik. Die Leitung der Schule übernahm Alfred Kramer und nach seinem Tod 1918 Theophil Lehmann. Er gab dem Landschulheim in den zweieinhalb Jahrzehnten seiner Leitungstätigkeit die äußere und innere Gestalt, den pädagogischen Stil, der als "LSH-Geist" das Heim bis in die 60er Jahre prägte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Koedukation eingeführt, in den 20er Jahren ein Unterrichtsmodell erprobt, das bereits unterschied zwischen Schwerpunkt- und Orientierungsfächern. 1924 konnte die Rechtsform der GmbH umgewandelt werden in die "Stiftung Landschulheim am Solling". 1925 erhielt das Landschulheim die Genehmigung zur Abnahme der Reifeprüfung (im eigenen Haus). Ebenfalls in den 20er Jahren machte sich das Landschulheim die Pflege der Beziehungen zum "Auslandsdeutschtum" – besonders zu den mittel- und südamerikanischen Staaten – zur Aufgabe, so daß 1939 der Anteil der "Auslandsdeutschen" an der Gesamtschülerzahl ein Drittel betrug. Während des Nationalsozialismus suchte das Landschulheim den Anschluß an die "Bewegung" und fühlte sich als Vorreiter nationalsozialistischer Erziehung, hatte dann aber zunehmend um seine Existenz zu fürchten und entging nur knapp der Verstaatlichung. Nach dem Tode Lehmanns 1943 übernahm ein SS-Hauptsturmführer im letzten Kriegsjahr die Leitung des Landschulheims. Nach dem Krieg knüpfte man an die Zeit vor 1933 an, was leicht möglich war, weil ein Stamm der Lehrerschaft bereits seit dieser Zeit am Landschulheim tätig war. Von 1954-1968 leitete Hans-Walter Erbe das Landschulheim. Er belebte demokratische Formen der Schülermitverwaltung , führte das Wirtschaftspraktikum der 11. Klassen ein, entwickelte im Rahmen der traditionellen Wanderungen Studienfahrten für die Oberstufe und erarbeitete mit seinem Kollegium eine Oberstufenreform, die als "Holzmindener Modell" bekannt wurde, 1966 am Landschulheim eingeführt wurde und zehn Jahre später in die allgemeine Oberstufenreform der öffentlichen Schulen überging. Die unruhigen Jahre 1968-1978 bewegten das Landschulheim heftig. Unter der Leitung von Eberhard Lehmann suchte das Heim angesichts des Verlustes traditioneller Formen des pädagogischen Wirkens neue Wege im demokratischen Zusammenleben von Erwachsenen und Jugendlichen. Heute ist das Landschulheim ein staatlich anerkanntes Gymnasium, das von rund 200 internen und 50 externen Jungen und Mädchen besucht wird und eine Pädagogik des "Lernens mit Kopf, Herz und Hand" vertritt. Das Archiv befindet sich noch im Aufbau. Seit der Gründung des Landschulheims wurden Archivalien aufbewahrt, aber erst vor drei Jahren ergab sich die Möglichkeit, das Material auszupacken, zu ordnen und in einem Findbuch zu erfassen. Diese Arbeit ist noch nicht abgeschlossen. Leider ist auch in den Jahrzehnten viel verloren gegangen. Besonders 1945 wurden Akten vernichtet oder einfach weggeworfen. Wertvoll sind die Mitteilungshefte der Heimleitung seit 1927, die seit Gründung des Heims recht vollständig erhaltene Korrespondenz zwischen der Heimleitung und dem Stiftungsrat, die vollständig vorhandenen Abiturarbeiten und die Wirtschaftsunterlagen von Anbeginn an. Die Archivbestände
1. Bericht aus dem Landschulheim am Solling 1911 2. Bericht aus dem Landschulheim am Solling 1913 Die Innengemeinden, Heft 1 (1927/28) – Heft 33 (1943) Die Außengemeinden, Heft 1 – 3 (1927) Der Landschulheimer, Heft 1 (1948) –Heft 28 (1968) Informationen aus dem Landschulheim, Heft 1 (1970) – Heft 11 (1976) Berichte und Mitteilungen, Heft 1 (1978) – Heft 13 (1990) Berichte und Mitteilungen, Jahrgang 1989/90 – Jahrgang 1997/98 Schriftenreihe des Altschülerbundes Der Landschulheimer, Heft 1 (1919) – Heft 6 (1921) Mitteilungen 1951 – 1956 Die Giftschonung, Ausgabe 0 (1974) – Ausgabe 27 (1998) Schüler- und Abiturzeitungen Heimleuchte, Heft 1 (1953) –Heft 31 (1965) Informationen, Heft 0 (1971) – Heft 18 (1978) Landschulheimer Insulaner Zeitung 1997/98 Abiturzeitungen 1985-1998
Landschulheim am Solling 1949-1969, Festgabe für Dr. Franz Neumann Landschulheim am Solling, Eine Festgabe seiner
Freunde zum 75jährigen Bestehen, 1984
Theophil Lehmann, Das Landschulheim und die Erziehung des künftigen politischen Menschen, 1933 Herbert Rieche, Der soziale Gedanke in den Landerziehungsheimen und Schulgemeinden Deutschlands, 1935 Hans-Walter Erbe, Wirkende Worte, Reden und
Schriften 1954-1968, hg. v. Helmut Brückner 1992.
Karl Bartscht, Das Landschulheim am Solling und die Erziehung im Sinne seines Bildungsideals, (etwa) 1931. Herta Thorner, Das Landerziehungsheim, eine Stätte der Menschenbildung in Vergangenheit und Gegenwart, 1937. Martin Voigt, Erfahrungsbericht 1958. Schulz/ Stockmeier/ Sommer, Landschulheime am Beispiel des Landschulheims am Solling, (etwa) 1987. Herbert Susteck, Erfahrungsbericht, 1989. Almut Körting, Bericht über ein Praktikum, 1990. Sabine Nordmann, Entstehung und Entwicklung
der Landerziehungsheimbewegung, dargestellt am Beispiel Landschulheim am
Solling, 1996.
Korrespondenz der Schulleitung mit dem Kuratorium/ Stiftungsrat 1909-1992. Darin Berichte zur pädagogischen, politischen und wirtschaftlichen Lage des Heims, Entwürfe zu pädagogischen und baulichen Plänen, Sitzungsprotokolle. Allgemeine Korrespondenzen der Leiter, 1955-1989.
Briefe zur Session 1908 und zur Entstehung des Landschulheims, Briefe und Berichte aus der Zeit des Nationalsozialismus Schriften über das Wandern und Wanderberichte aus der Zeit von 1910-1980 Theaterstücke und Theateraufführungen aus der Zeit von 1912 bis zur Gegenwart Unterlagen zum Wirtschaftspraktikum und Praktikumsberichte 1960-1965 Protokolle der Lehrerkonferenz aus der Zeit 1912-1918 und 1951-1980 Akten zu internen Heimangelegenheiten 1968-1973 Unterlagen und Protokolle der Schülermitverwaltung 1912-1921, 1950-1975 Protokolle der Heimtagungen 1960 und 1971 Rundschreiben und Vervielfältigungen
für die Eltern 1922-1977
Akten zum Verkehr mit der Schulbehörde, (einzelne Akten ab 1923) Unterlagen zur Oberstufenreform (Holzmindener Modell) Abiturarbeiten und -unterlagen ab 1925 durchgehend Tertialsarbeiten von 1965-1975
Kauf- und Pachtverträge Bilanzen und Prüfungsberichte ab 1909 durchgehend Gehaltsbücher 1913-1948
Etliche 100 Photographien von 1909 bis zur
Gegenwart, noch nicht geordnet
Dr. Wolfgang Mitgau, Goseberg 34, 37603 Holzminden.
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Erfassungsdatum: | 10. 12. 1998 |
Korrekturdatum: | 02. 04. 2004 |